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phantastische_fluchten

Posted on 8.12.2021

Drei Menschen auf der Suche: Orka Schädelspalter möchte den Mörder ihres Mannes und Entführer ihres Sohnes finden. Dabei geht sie ohne Rücksicht auf Verluste vor und macht sich bald viele Feinde Varg, ein entflohener Sklave, ist auf der Suche nach dem Mörder seiner Schwester. Er tötet seinen Besitzer, als dieser ihm die versprochene Freiheit verweigert. Auf der Flucht vor seinen Verfolgern fasst er den wahnwitzigen Plan, sich den »den Blutgeschworenen« anzuschließen, einer unabhängigen Söldnertruppe, die nur ihren eigenen Gesetzen unterliegt. Er ahnt nicht, welches Geheimnis diese Truppe hütet. Elvar gehört zu den »Schlachtengrimmen«, ebenfalls eine Söldnertruppe. Sie möchte sich im Kampf beweisen und Ruhm erlangen. Nur so kann sie, ihrer Ansicht nach, aus dem Schatten ihrer Familie treten. Schon bald gilt sie als linke Hand des Anführers Angnar. In Biorr findet sie einen Gefährten, doch dann zerstört ein Verrat die Gemeinschaft. Kommentar: Die Geschichte spielt in einem fiktiven Norden und vieles erinnert an die Erzählungen über die Wikinger. Männer wie Frauen sind starke Kämpfer, die Söldnertruppen sind eine verschworene Gemeinschaft und Ehre geht ihnen über alles. Orca und ihr Gatte Thorkel haben sich zur Ruhe gesetzt und bewirtschaften einen kleinen Hof. Sie sind unabhängig und leben sehr zurückgezogen. Ihr Sohn Brecca ist das Licht ihre Lebens, ein aufgeweckter und liebenswerter Junge. Schon bald mehren sich die Gerüchte, dass immer mehr Kinder im Umland verschwinden, daher verlassen die beiden ehemaligen Krieger ihre Isolation uns besuchen einen Althing, ein Treffen, bei dem der Jarl Neuigkeiten berichtet und Informationen ausgetauscht werden. Obwohl die Bewohner des Umlandes Jarl Sigrun ihre Sorge unterbreiten, nimmt diese die Angelegenheit nicht ernst, was zu einem Zerwürfnis zwischen ihr und Orca führt. Das hat Auswirkungen auf Orcas weiteres Leben und ihre Handlungen, denn als Brecca entführt wird, gibt es für die Frau, die den Beinamen »Schädelspalter« nicht umsonst trägt, kein Halten mehr und entgegen aller Befehle macht sie sich auf die Suche nach ihrem Sohn. Varg war sein ganzes Leben lang ein Sklave. Seine einzige Freundin ist seine Schwester, mit der ihn ein tiefes Band verbindet. Als sein Herr Froya verkauft, weiß Varg trotz allem, dass sie lebt und das es ihr gut geht. Bis dieses Band plötzlich zerreißt. Es gibt einen Möglichkeit, die Toten zu beschwören und ihre letzten Augenblicke zu erleben. So hofft Varg, den Mörder seiner Schwester zu finden. Doch Seidrhexen, diese Beschwöung durchführen können, sind selten, meist leben sie in Gefangenschaft und dienen nur einem Herrn. Als Varg bei den Blutgeschworenen eine Hexe sieht, setzt er alles daran, in die Truppe aufgenommen zu werden. Dafür muss er gegen Einar Halbtroll kämpfen, eine aussichtslose Sache, wie es scheint. Doch er schafft das Unmögliche und als Varg »Hirnlos« ist er fortan Anwärter auf einen festen Platz bei den Söldner. Er, der immer ein Einzelgänger ohne Freunde war, ist nun Mitglied einer Gemeinschaft und muss lernen, sich anzupassen. Elvar ist eine junge Frau aus einem mächtigen Haus. Sie verschweigt ihren Kameraden ihre Herkunft, denn sie möchte unbedingt beweisen, dass sie ihren Platz bei den »Schlachtengrimmen« alleine durch ihre Taten verdient hat und nicht durch ihre Herkunft. Dadurch kämpft sie stets an vorderster Front und verlangt sich alles ab. Als es die »Schlachtengrimmen« nach vier Jahren in zurück in Elvars Heimat führt, muss sie sich entscheiden, ob sie ihren Platz in der Familie wieder einnehmen möchte oder ob sie bei ihren Kameraden bleibt. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mich keine der drei Figuren wirklich berührt hat und ich kann nicht einmal sagen, woran das liegt. Wie schon in den vorherigen Geschichten von John Gwynne wechseln die Kapitel immer wieder zwischen den Charakteren hin und her. Was mir bei den »Getreuen und Gefallenen« aber noch sehr gut gefallen hat, behindert hier oftmals den Lesefluss und man kommt nie so richtig in die Handlung hinein. Zum Ende hin erhöht sich das Tempo dieses Wechsels, was mehr Verwirrung als Klarheit schafft. Der Autor verlässt sich zu sehr darauf, dass der Leser sich in der Welt der Wikinger auskennt und die verwendeten Begriffe somit bekannt sind. Es gibt kein Glossar, in dem man nachschlagen kann, was die Wörter bedeuten, auch wenn schnell klar wird, dass ein Thrall ein Sklave ist. Absolut gelungen fand ich die Geschichte vom Untergang der Götter und warum ihre Nachkommen seither verfolgt, versklavt oder ermordet werden. Die Götter waren mächtige Tierwesen wie Wolf, Bär oder Drachen. So bedeutet hier der Begriff Berserker, dass es sich um den Nachkommen des Gottes Bersek handelt, der über ungeahnte Kräfte verfügt. Die »Besessenen« wie man sie nennt, müssen ihre Kräfte verbergen, sie leben unter den Menschen, immer in der Angst, entdeckt zu werden. Insgesamt ist die Welt Vigrid wieder gut beschrieben und findet sich eine Karte, so dass man den Weg der verschiedenen Gruppierungen genau verfolgen kann. John Gwynne legt sich bei der Beschreibung der Schlachtenszenen keinerlei Hemmungen auf, der Norden war wild, hart und grausam und so sind auch die Bewohner. Egal ob männlich oder weiblich. Schon bei Vikings gab es wunderbar starke Frauenfiguren, so auch hier. Die junge Elvar, die noch lernen muss, wie hart das Leben sein kann und Orca, die in ihrem Leben schon mehr gesehen und erlebt hat, als ein Mensch ertragen kann. Und dazwischen Varg, der nie richtig gelebt hat und nur langsam versteht, dass er nun Teil einer Gemeinschaft ist. Mit allen Vorzügen und Verpflichtungen. Sehr gut gefallen haben mir auch die Vaesen, Geschöpfe, die sowohl von den Menschen als auch von den »Besessenen« gejagt und getötet werden. Aber man kann sich auch ihre Treue und Zuneigung sichern und das macht sie zu einzigartigen Gefährten. Der Schreibstil des Autors ist gewohnt flüssig und Wolfgang Thon hat seinen Sache wieder hervorragend gemacht. Eine spannenden Geschichte, die mich aber nicht so begeistern konnte wie »Blut und Knochen« oder »die Getreuen und die Gefallenen«. Hier gibt es keine Person, die mein Herz berührt hat und bei der ich mit gefiebert habe. Sie bleiben für mich so kühl wie der Norden. Ich bin mir aber sicher, dass dieses Buch für Viking Fans ein absolutes Highlight wird und alle Erwartungen erfüllt.

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