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mabuerele

Posted on 28.11.2021

„...Kein anderer der großen russischen Schriftsteller seiner Zeit musste so hart für sein täglich Brot arbeiten, keiner erlebte o viel Abstürze und feierte so umjubelte Comebacks. Das Schreiben war für Dostojewski überlebenswichtig – um nicht zu verhungern und nicht durchzudrehen...“ Diese Sätze stammen aus dem Vorwort des Buches, eines Buches, das die verschiedenen Facetten des Menschen und Schriftstellers Fjodor Michailowitsch Dostojewskij anhand seiner Werke beleuchtet. Das Buch fällt schon äußerlich durch sein edle Gestaltung auf. Das Cover mit den goldenen Kranz ist ein Hingucker. Die Papierqualität ist hochwertig, die Platzeinteile der Texte großzügig. Die Schriftgröße ermöglicht eine gute Lesbarkeit. Meinungen der Autoren und Zitate sind deutlich voneinander abgesetzt, wobei die Zitate außerdem eingerückt sind. Allerdings kann ich mir in einem Punkt die Kritik nicht verkneifen. Wenn man in der Überschrift der Kapitel schon russische Buchstaben verwendet, dann sollten sie auch stimmig sein. Hier werden sie eindeutig falsch verwendet. Inhaltlich fällt beim Buch die ausführliche Recherche der Autoren auf. Sie ist in jeder Zeile spürbar. Die Vielzahl der verwendeten Zitate aus Büchern, aber auch aus Briefen sprechen dafür eine deutliche Sprache. Es werden außerdem Zeitgenossen von Dostojewski zitiert. Seine Frau Anna zum Beispiel charakterisiert ihn so: „...Er war gütig, großherzig, edel, gerecht, uneigennützig, zartfühlend und voll Mitleid wie kein zweiter. […] Es gibt keinen Menschen, der von meinem Mann weggegangen wäre, ohne einen Rat, einen Trost oder Hilfe in irgendeiner Form erhalten zu haben...“ Das Buch ist nicht unbedingt zeitlich exakt gegliedert, sondern thematisch. Trotzdem folgt es dabei durchaus dem Lebenslauf, zu Beginn und am Ende deutlich, im mittleren Teil kann es durchaus zu zeitlichen Überschneidungen kommen. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Autoren formulieren pointiert, manchmal ausführlicher, stellenweise kurz und präzise. Mit wenigen Zitaten möchte ich das belegen. So wird der Unterschied zwischen Dostojewski und Tolstoi folgendermaßen wiedergegeben: „...Man liest Tolstoi, um sich zu beruhigen, und Dostojewski, um sich aufzuregen...“ Sehr gut wird herausgearbeitet, wie weit Dostojewski in einigen Fragen seiner Zeit voraus war. Er setzt sich für die Rechte der Kinder ein. Er ermutigt Frauen, sich ein selbstständiges Leben aufzubauen. „...Für Dostojewski ist die Befreiung der Frauen aus alten Rollenzwängen kein Widerspruch zum Evangelium. Sie ergibt sich im Gegenteil logisch aus der Botschaft Jesu...“ Dostojewskij ist gegenüber Kritik offen. Im Buch werden auch seine dunklen Seiten und seine Schwächen nicht verschwiegen. „...Dostojewski weiß, dass von allen Lügen die am gefährlichsten sind, die man sich selbst auftischt...“ Ausführlich legen die Autoren dar, wie Dostojewskij die Erfahrungen seines Lebens in seinen Büchern verarbeitet hat. Auf diese Weise erfahre ich als Leser nicht nur eine Menge über das Leben von Dostojewskij, sondern erhalte anhand der Zitate auch einen Einblick in seine Bücher. Ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie eine Zeittafel ergänzen das Buch. Außerdem gibt es mehrere Fotos und Bilder. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist so vielschichtig, dass ich in meiner Rezension nicht alle Punkte erwähnen konnte.

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