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mabuerele

Posted on 25.11.2021

„...Sie war ihrem Onkel und ihrer Tante zu großem Dank verpflichtet. Das Ehepaar hatte Annie und ihre jüngere Schwester Sophia nach dem Tod des Vaters aufgenommen und ihnen eine Heimat gegeben...“ Wir schreiben das Jahr 1859, als ihr Onkel Annie Braun eine Stelle als Lehrerin auf der Plantage Birch Island vermittelt. Zwar hatte sich Annie ihr Leben als Lehrerin anders vorgestellt, doch wie das Eingangszitat zeigt, beugt sie sich aus Dankbarkeit. Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Der Schriftstil ist ausgereift. Die Personen werden gut charakterisiert. Annie ist im Norden Amerikas aufgewachsen. Das Leben auf der Plantage im Süden hält für sie einige Fallstricke bereit. Doch sie weiß, was sie will und was sie kann. Sie lässt sich nicht verbiegen und steht zu ihren Überzeugungen. Bei der Anreise auf dem Schiff begegnet Annie einen 25jährigen jungen Mann. Noch ahnt sie nicht, dass es der jüngere Sohn ihres Dienstherren ist. Auf der Plantage wird ihr klargemacht: „...Miss Braun, sie werden die engstirnigen Regeln und fragwürdigen Bräuche des Südens noch ausführlich kennenlernen...“ Natürlich tappt Annie in manch Fettnäpfchen. Die Rechtlosigkeit der Sklaven ist für sie schwer erträglich. Dabei gehört ihr Dienstherr noch zu den Plantagenbesitzern, der die Schwarzen menschlich behandelt. Wenn sein ältester Sohn Kenneth die Plantage übernehmen wird, könnte sich das ändern. „...Die Haussklaven bekamen zwangsläufig intime Einblicke in das Familienleben der Williams, hatten diese jedoch zu ignorieren...“ Annie muss sich erst daran gewöhnen, dass ihr eine persönliche Sklavin zugeteilt wird. Sie behandelt Crystal mehr wie eine Freundin und versucht, sie zu fördern. Gleichzeitig hiflt Crystal ihr, sich auf der Plantage mit ihren bizarren Regeln zurecht zu finden. David, der jüngere Sohn, studiert Medizin. Seine Gespräche mit Annie gehören zu den Höhepunkten der Geschichte. Sie gleichen anfangs einem gekonnten Schlagabtausch mit geschliffenen Waffen. David will im Leben mehr erreichen, als auf einer Plantage reich zu werden. Als zweitgeborener Sohn hat er kein Anrecht auf das Land. Deshalb wurde ihm das Studium ermöglicht. Die jungen Damen der Südstaaten werden dazu erzogen, zu heiraten und einer Plantage vorzustehen. Allerdings befinden wir uns in einer bewegten Zeit. Nicht jede ist noch damit zufrieden. Das führt logischerweise zu Konflikten mit dem Elternhaus. Hinzu kommt, das als Ehemann nur ein Südstaatler akzeptiert wird. Sophia, Annies Schwester, lebt mit ihrem Mann in Kansas. Beide bewirtschaften eine Farm. Allerdings ist das Leben dort gefährlich. Zwar geht es vordergründig um die Sklavenfrage, die zu Auseinandersetzungen führt. Das eigentliche Ziel ist aber, die Farmer zu vertreiben. Ein neuer Sklavenstaat soll installiert werden. Spannend finde ich die Gespräche zwischen Annie und Orleans. Die betagte Sklavin ist Crystals Großmutter. Sie nimmt das Leben mit tiefer Gläubigkeit an. Und sie hat einen realistischen Blick auf das Geschehen. „...Vielleicht werden wir Schwarzen eines Tages frei sein. […] Wäre es dann so, dass man uns ans gleichwertige Menschen anerkennt?...“ Zu den liebenswerten Menschen gehört Bobby, Davids jüngster Bruder. Der kennt keine Standesunterschiede, trifft sich mit einem schwarzen Freund und ist sehr wissbegierig. Für ihn ist es eine Ehre, endlich am Unterricht teilnehmen zu können. Was er lernt, vermittelt er seinen Freund weitet. Das Buch verfügt über einen extrem hohen Spannungsbogen. Deer ergibt sich durch die komplexen Beziehungen der Protagonisten, aber auch durch die unterschiedlichen Standpunkte in den Nord- und Südstaaten Amerikas. Die zunehmende politische Spannung ist mit den Händen greifbar. „...Der Norden bläht sich und ist stolz, der Süden krümmt sich und ist wütend...“ Bei all dem kommt aber auch der Humor nicht zu kurz. Er sorgt für Abwechslung im ernsten Geschehen. Die feinen Birkenzeichnungen wirken edel. Sie illustrieren die Handlung. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeichnet mittels persönlicher Schicksale ein differenziertes Bild kurz vor den Sezessionskriegen.

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