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horatio_buecher

Posted on 20.11.2021

Der Schweizer Max Frisch (*1911, +1991), Journalist, Architekt und freier Schriftsteller, ist bekannt für seine Theaterstücke und Romane, die sich häufig mit der Frage nach der Identität des modernen Menschen beschäftigen. Ein wesentlicher Teil seines Werks war für ihn daneben aber auch das Tagebuch. Nicht als regelmäßig aktualisiertes, chronologisches Notizbuch, sondern als gleichberechtigte und eigenständige Prosaform, die auch fiktionale Elemente beinhalten durfte. In seiner zweiten, als „Tagebuch 1966-1971“ betitelten Text- und Skizzensammlung, erschienen bei Suhrkamp 1972, experimentiert Max Frisch neben anderen Elementen immer wieder auch mit der Textform des Fragebogens. Im Tagebuch finden sich elf sogenannte „Fragebögen“ zu unterschiedlichen ganz persönlichen und auch gesellschaftlichen Themen. Mit jeweils fünfundzwanzig knappen, äußerst geschickt gestellten Fragen, bringt er die Lesenden dazu, sich auf der Suche nach den vermeintlich einfachen Antworten, sehr eingehend und differenziert mit sich selbst (und vielleicht auch mit anderen) auseinanderzusetzen. Halten Sie sich für einen guten Freund? Was empfinden Sie als Verrat: a) wenn der andere es tut? b) wenn Sie es tun? Wie viele Freunde haben sie zur Zeit? Halten Sie die Dauer einer Freundschaft (Unverbrüchlichkeit) für ein Wertmaß der Freundschaft? (...) Wer die Fragen ernst nimmt, wird auf der Suche nach Antworten dazu gezwungen sein, eigene Positionen zu entwickeln und innerlich Stellung zu beziehen. Diese Auseinandersetzung mit der eigenen Person und Identität ist nicht immer angenehm, kann aber sehr aufschlussreich und eine bedeutende Erfahrung sein. Nach mehr als 50 Jahren sind die Fragebögen immer noch äußerst aktuell und provokant. Dem „Tagebuch 1966-1971“ entnommen, wurden die elf Fragebögen 1992 in einem einzelnen Band „Fragebogen“, Max Frisch, erschienen bei Suhrkamp, zusammengefasst. In einer erweiterten Ausgabe kamen noch einmal drei weitere Fragebögen aus dem Nachlass hinzu. Die legendären „Fragebögen“ sind ungeheuer intensiv, provokant und mittlerweile Kult. Eine ganz klare Empfehlung, nicht nur für verregnete dunkle Novemberwochenenden!

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