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mabuerele

Posted on 15.11.2021

„...Hier in Tofino, diesem abgelegenen Nest an der Westküste von Vancouver Island, konnte ich frei atmen – und fühlte mich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit sicher...“ Diese Sätze von Yuma Solana stehen fast zu Beginn des Buches. Es ist erst vier Tage her, dass Yuma in Vancouver Esther begegnet war. Beide hatten sich sofort geeinigt, dass Yuma bei Esther arbeiten wird. Die Autorin hat einen bewegenden Roman geschrieben. Es ist der dritte Teil einer Reihe, die in Kanada spielt. Er schließt zeitnah an den Vorgängerband an, denn die Begegnung der beiden Frauen fand in Band 2 statt. Der Schriftstil ist ausgereift. Gekonnt wird hier eine Liebesgeschichte mit einer Prise Krimi und einer gehörigen Portion Lebensgeschichten verknüpft. Die Erzähler sind abwechselnd Yuma und Nalu. Nalu ist auf Esther waren vor dreizehn Jahren abgebrochen. Nun trifft er durch Zufall deren kleine Schwester. Er meldet sich bei Esther. Die ist begeistert, denn sie hofft, dass er ihr neues Segelschiff übernimmt. Zuerst aber haben drei Paare bei Nalu einen Sightseeing – Trip in den Norden geplant. Im folgenden Zitat zeigt sich sein trockener Humor: „...Erfahrungsgemäß gab es in so einer Gruppe immer mindestens zwei Oberklugscheißer, die in ihrem Leben schon vorher mal gesegelt waren und nun meinten, in allen Belangen besser Bescheid zu wissen wie ich...“ Nalus Ankunft mit dem Schiff in Tofino wird eine Sensation. Nicht nur der weibliche Teil der Bevölkerung bekommt Stilaugen und Herzrasen. Zu den besonderen Szenen des Buches gehören die Begegnungen mit Walen und Delfinen. Lilly erklärt Yuma: „...Und tatsächlich wirst du merken, dass du Wale nicht nur mit den Augen wahrnimmst. Da sind echt alle Sinne gefordert...“ Die Autorin versteht es, in gut ausgearbeiteten Gesprächen nicht nur auf den Punkt zu kommen, sondern auch viel Gefühl und manchmal fast philosophische Gedanken zu vermitteln. Die folgenden Worte stammen von Nalu, bevor er Esther erklärt, warum er dreizehn Jahre unter Radar gefahren ist. „...Ich weiß, aber so spielt das Leben eben manchmal, nicht wahr? Es geschehen Dinge, die man nie für möglich gehalten hätte. Bei uns allen, nehme ich an...“ Schon die ersten Blicke zwischen Yuma und Nalu lassen die Luft knistern. Während ich zu dem Zeitpunkt aber schon weiß, was mit Nalu passiert ist, liegt Yumas Vergangenheit weiter im Dunkeln. Nur einzige Puzzleteile deuten an, dass sie immer noch in Gefahr ist. Eines aber kann Yuma wieder, seitdem sie in Tofino ist. Sie hat eine besondere Begabung zum Zeichnen. Als sie die Bilder der Wale in Geschäft von Esther ausstellt, gehen sie weg wie warme Semmeln. Einen der wichtigsten Protagonisten möchte ich allerdings nicht vergessen. Es ist der Kater Koa, der Nalu zugelaufen ist und nicht mehr von seiner Seite weicht. Die etwas einseitigen „Gespräche“ Nalus mit ihm haben mich stets zum Schmunzeln gebracht. „...“Was ? Reihst du dich jetzt auch bei den Kupplern ein?“, fragte ich ihn einigermaßen empört. „Mau.“ Es klang nicht wie eine Bestätigung, sondern eher gereizt...“ Die Geschichte hat viele unterschiedliche Facetten, die ich nicht alle erwähnen kann. Außerdem verfügt sei über einen hohen inneren Spannungsbogen. Der wird vor allem durch die Vergangenheit der Protagonisten und die Folgerungen für die Gegenwart aufrecht erhalten. Eines der letzten Gespräche zwischen Kiona, einer jungen indigenen Frau, und Yuma könnte man als Quintessenz der Geschichte bezeichnen: „...Du hast hier Wurzeln geschlagen, und mir sind Flügel gewachsen. Ich habe keine Ahnung, wohin sie mich tragen werden, und ich weiß, dass ich immer gerne hierher zurückkommen werde, aber ich glaube, ich muss fliegen, um zu wachsen, nicht Wurzeln schlagen...“ Es sind Yumas Worte, nachdem sie ihre Vergangenheit offenbart und einen Weg in die Zukunft gefunden hat. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verfügt über eine gekonnte Kombination aus Spannung und Emotionen.

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