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sassenach123

Posted on 12.11.2021

Der Zauberer hat mich für sich eingenommen Schon lange habe ich mir vorgenommen ein Werk von Thomas Mann zu lesen. Doch wie es dann so ist, die Zeit fehlt, und es plagen Zweifel, ob es denn überhaupt etwas für einen ist. Als ich von diesem autobiografischen Roman hörte, sah ich meine Chance, dass Pferd quasi von hinten aufzuzäumen. Die Idee, erst etwas über den Mann hinter seinen Werken zu erfahren, gefiel mir, wobei ich auch da zu Beginn kleinere Bedenken hatte, ob mir das gelesene zusagen würde. Diese Sorgen waren allerdings unbegründet, da der Autor Colm Tóibín einen sehr angenehmen Schreibstil nutzt. Ebenso gefallen hat mir, dass er direkt am Anfang beginnt, also mit der Kindheit des Schriftstellers in Lübeck. Er arbeitet sein Leben und seine Werke chronologisch ab, und seine Art der Deutung von Ereignissen erscheint mir sehr realistisch. Schnell wird klar, dass der Autor sich schlau gemacht hat. Er weiß worüber er schreibt. Einiges aus dem Leben von Thomas Mann, wie seine homosexuellen Neigungen, werden sehr ergiebig erörtert. Dieser Teil könnte durchaus mit einigen fiktiven Ansichten des Autors durchsetzt sein, doch das hat mich nicht gestört, es ist halt seine Interpretation der Informationen die von Thomas Mann aus seinen Tagebüchern usw bekannt sind. Ebenfalls gut gefallen hat mir die Beschreibung der Familie Mann. Die Ehe mit Katia Pringsheim, die gemeinsamen Kinder, und auch das Verhältnis zu seiner Mutter und seinem Bruder Heinrich wurden mir näher gebracht. Ich merkte schnell, dass Thomas Mann niemand war, der mit der breiten Masse mitschwimmen möchte. Seine politischen Einstellungen kommen natürlich im Buch auch zur Sprache, obwohl er definitiv niemand war, der schnell nach außen ging mit seinen Ansichten. Er war von Anfang gegen Hitler, dachte aber lange Zeit, dass sich alles regeln würde. Doch auch in seinem Leben kam der Punkt, an dem er Stellung beziehen musste. Thomas Mann und seine Frau verfolgten eine sehr unkonventionelle Erziehung, sehr ungewöhnlich für die damalige Zeit. Die Reibereien und die Sorgen mit den Sprösslingen zeigen, dass auch bei den betuchten Manns nicht immer alles einfach war. Sicher war die Familie finanziell sehr gut versorgt, doch vor Problemen anderer Art schützt Geld auch nicht. Wobei ich einräumen muss, dass die Manns im Roman als sehr abgeklärt beschrieben werden. Aber hinter die Fassade kann ja niemand schauen…… Seine Flucht aus Deutschland, der Aufenthalt im Exil, finden ebenso Erwähnung wie seine Werke. Alles in allem habe ich das Gefühl, dass gesamte Leben des Nobelpreisträgers mitbekommen zu haben. Ich konnte mir tatsächlich ein umfassendes Bild machen. Meine Erwartungen wurden komplett erfüllt. Der Roman hat mir das Leben dieses interessanten Mannes aufgezeigt und mir die Scheu vor seinen Werken genommen. Die Buddenbrooks warten bereits auf mich. Ich bin schon sehr gespannt darauf!

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