sassenach123
Sehr dichte Atmosphäre Der Abstinent von Ian McGuire spielt in Manchester um 1860. James O'Connor ist ein irischer Polizist, der von Dublin nach Manchester versetzt wurde. Seine Frau verstarb, und diesen schweren Schicksalsschlag versuchte O' Connor mit Alkohol zu dämpfen. In Manchester will er nun einen Neuanfang starten und wird direkt in eine alte Fehde verstrickt. Die Briten und die Iren, die Fenians, liefern sich nach wie vor unerbittliche Kämpfe. Die Tatsache, dass drei Unabhängigkeitskämpfer gehängt wurden, weil ein Polizist ermordet wurde, befeuert die Angelegenheit enorm. Und hier kommt dann Stephen Doyle ins Spiel. Er ist ein irisch stämmiger Kriegsveteran aus Amerika, und soll den Fenians nun bei einem Rachefeldzug helfen. Schlecht für O' Connor, der nun zwischen die Fronten gerät. Und nicht nur er, auch ein plötzlich auftauchender, junger Verwandter von ihm gerät in den Fokus........ein gefährliches Unterfangen beginnt. Der Roman hat eine sehr düstere Athmosphäre, die mich direkt in die dunkeln Gassen von Manchester katapultierte. Der Autor fängt das Ambiente der damaligen Zeit hervorragend ein, die Stadt erblüht förmlich vor dem geistigen Auge des Lesers. Definitiv ein Pluspunkt! Die Charaktere Doyle und O'Connor sind als Gegenspieler zwar interessant, dennoch konnte mich hier die Figur des Polizisten nicht immer ganz überzeugen. Seine Vergangenheit, der Verlust der Frau, die Sucht, dies alles sind stimmige Faktoren, die gut ausgearbeitet wurden. Viele seiner Entscheidungen und Handlungen,die aktuellen Vorkommnisse betreffend, ließen mich allerdings oft skeptisch zurück. Ob dies vom Autor gewollt ist, kann ich nicht einschätzen, ich stütze mich da nur auf mein Gefühl beim lesen. Der Schreibstil ist sehr angenehm, aber eher knapp gehalten, ohne schmückendes Beiwerk. Passend zur Handlung, wie ich finde. Ich neige immer dazu, alle mir bekannten Bücher eines Autors miteinander zu vergleichen. Bei diesem Vergleich schneidet der Roman nicht so gut ab, wie Nordwasser, was mich damals komplett überzeugt hat. Anderseits kann man die beiden Werke auch nicht gleichsetzen, von daher möchte ich diesen Aspekt nicht negativ mit einfließen lassen. Der Roman lässt oft an einen Krimi denken, doch das will er gar nicht sein. Er soll wohl eher den Konflikt mit den Fenians thematisieren. Dazu wären ein paar weitere historische Fakten vielleicht angebracht gewesen. Da ist definitiv viel Luft nach oben gewesen. Das Ende hat mich überrumpelt, schließt aber mit allem ab. Ob es mir gefällt, sei dahin gestellt. Insgesamt ein spannender Roman mit interessanter Thematik, der durch die Atmosphäre der Zeit punktet.