kupfisbuecherkiste
Der Autor Alex Reeve entführt uns in ein London im Jahre 1880. Dort treffen wir auf Leo Stanhope, der als Assistent in der Gerichtsmedizin arbeitet. Bei einem Fall bemerkt er eine merkwürdige Notiz auf einer Bierflasche, kann diese aber nicht einordnen. Als seine große Liebe Maria unerwartet auf dem Seziertisch liegt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Maria war eine Hure, und doch hatte Leo in ihr mehr gesehen als nur eine oberflächliche Beziehung. Für ihn ist es nicht nachvollziehbar, wer ihr hat schaden wollen, und so begibt er sich auf Spurensuche. Bei den Recherchen entdeckt Leo ein Netzwerk von zwielichtigen Gestalten, die nichts Gutes im Sinn haben. Die geheimen Machenschaften ziehen alle Register, um nicht entdeckt zu werden. Dafür gehen sie über Leichen. Und sind ihrerseits bereit, alles dafür zu tun, ihr Geheimnis zu hüten. Stattdessen wollen sie Leo und seine Gefährten bloßstellen. Denn auch Leo trägt ein Geheimnis mit sich, das er unbedingt für sich behalten muss, denn für ihn steht zu viel auf dem Spiel. Soviel, dass er nicht nur sich, sondern alle Mitwissenden in Gefahr bringt. „Das Haus in der Half Moon Street“ ist mit der Sprecherin Viola Müller ein wirklich gelungenes Hörbuch. Die Sprecherin bringt eine gewisse Ruhe in diesen Kriminalroman, der nicht von Mord und Totschlag bzw. unzähligen blutigen Leichen geprägt ist, sondern von dem Weg der Ermittlungsarbeit. Die Polizei wirkt desinteressiert, ihre Arbeit lösungsorientiert zu gestalten. Keiner will so recht Leo die Frage gestatten, warum seine große Liebe zu früh ums Lebe kam. Stattdessen bedeutet dieser vermeintliche Mord nur eine Hure weniger, deren Platz sehr schnell ersetzt wird. Und so wird der Wert eines Menschen gleichermaßen zur Frage der Identität? Macht einen der Beruf zu einem schlechteren oder besseren Menschen? Und wie definiert sich der Mensch, was macht ihn zu dem, was er ist? Ist es wert, ein Geheimnis zu offenbaren, jedoch zu welchem Preis für wen? Der Hauptprotagonist ist so anders als ich ihn erwartet habe, vor allem zu dieser Zeit. Und gerade das macht ihn so sympathisch. Jede/r der Protagonisten/innen ist glaubwürdig. Die Geschichte treibt einen manchmal in den Wahnsinn, weil man unbedingt jetzt sofort wissen will, warum Maria sterben musste. Und doch: die Handlung hat sich die Zeit genommen, die sie gebraucht hat. Es hat die Zeit gebraucht, um die Protagonisten zusammen wachsen zu lassen, ohne langweilig zu wirken. Das Hörbuch hatte ich innerhalb von ein paar Tagen gehört und werde es zu meinen Highlights für 2021 packen. Es war so eine tolle Stimmung in diesem Buch, ein Krimi, der auf die Ermittlungsarbeit sich konzentriert hat ohne ein Blutbad zu hinterlassen. Es ist eine Geschichte, bei der mir der Hauptprotagonist so sehr ans Herz gewachsen ist, dass ich mich auf den zweiten Teil sehr freue.