Chief Propaganda Officer
Der siebzehnjährige Ash ist ein durchschnittlicher Junge. Weiß, hetero, anständig, Mitglied einer Footballmannschaft. Er lebt in geordneten Verhältnissen und hält sich für aufgeklärt und tolerant. Doch dann kommt der Tag, als er plötzlich zum Mittelpunkt der Welt wird - ohne eigenes Zutun und ohne die Chance, diese Funktion abzulehnen. Und plötzlich befindet er sich in einer Realität, in der die Rassentrennung wieder existiert: Und er ist verantwortlich dafür. Ein paar gedankenlose Gedanken, einmal nicht gedacht und schon ist es passiert. Schnell erkennt Ash, dass alles, was er tut, Auswirkungen hat und natürlich versucht er, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Doch je mehr er sich bemüht, desto schlimmer werden die Realitäten, die er erschafft und er erkennt, dass es keinen Sinn hat, andere Realitäten zu suchen. Was er finden muss, ist nichts weniger als die Menschlichkeit in sich selbst und in uns. Was für ein Buch, was für ein Ritt! Shusterman schneidet auch wirklich jedes relevante Thema unserer Zeit in diesem Buch an: Rassismus, Homophobie, Klimawandel, Corona, Diskriminierung von Frauen. Und auch wenn einige Rezensenten ihm vorwerfen, er würde dabei nicht in die Tiefe gehen, so finde ich, dass ihm das sehr gut gelingt, besonders, wenn man bedenkt, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt. Er versucht sich auch nicht an völliger Einfachheit: Wer sich für das Thema interessiert, soll bitte seinen A... hochkriegen und sich selbst damit beschäftigen. Mich haben seine Anregungen extrem zum Nachdenken gebracht, gerade auch über meine Werte, was Moral betrifft. Wie weit darf man gehen, um besser zu sein? Um es besser zu machen? Heißt es nicht, der Weg in die Hölle sei mit guten Absichten gepflastert? Das Einzige, was mich manchmal ein bisschen gestört hat, war, dass Ash, gerade zu Anfang, viel zu reflektiert schien in einer völlig unglaublichen Situation. Und eventuell ein paar philosophische Glückskekssprüche hätten weniger sein können. Andererseits erreicht man Leute erfahrungsgemäß weniger durch Subtilität, sondern eher durch die Holzhammermethode. Wenn es nach mir ginge, müsste dieses Buch auf der ganzen Welt als Schullektüre geführt werden, denn es bietet jede Menge Gesprächsbedarf und Diskussionsstoff. 4,5/5 Punkten.