dajobama
Das Archiv der Träume – Carmen Maria Machado In diesem autobiographischen Roman verarbeitet die Autorin ihre Erfahrungen in einer queeren toxischen Beziehung. Das Auffälligste an diesem Werk ist mit Sicherheit der Erzählstil. Frau Machado erzählt ihre Erlebnisse in der Du-Perspektive. Der Grund dafür ist mir auch nach Beendigung des Buches nicht so ganz klar. Vielleicht verschafft es ihr größere Distanz. Auf jeden Fall ist das außergewöhnlich, ja auch gewöhnungsbedürftig. Die Kapitel sind kurz und knackig (großer Pluspunkt). Es ist eine seltsame Erzählweise. Nicht chronologisch, es wird auch keine Spannung aufgebaut. Dass diese Beziehung toxisch ist und irgendwann ein Ende haben wird, ist von Anfang an klar. Die Autorin springt zwischen den Themen, schreibt teilweise metaphorisch. Es ist wie ein Puzzle, das man erst zusammenfügen muss. Aber dabei – und das ist ganz wichtig – schafft Frau Machado es dennoch, einen gewaltigen Lesesog zu erzeugen. Sie schreibt experimentell, aber eindeutig hervorragend. Man will einfach immer weiterlesen. Thematisch ist dieser Roman ein harter Brocken. Die junge bisexuelle Carmen lernt eine Frau kennen (tatsächlich bin ich mir nicht sicher, ob der Name überhaupt fällt…. Sie wird immer die Frau aus dem Traumhaus, oder „sie“ genannt). Nach kurzer Zeit entwickelt sich diese Beziehung ins toxische. Es sind seelische Misshandlungen, um die es hier geht. Es ist bedrückend, diese Entwicklung zu beobachten. Begleitend weist die Autorin auf bekannte Beispiele in Film und Musikszene hin. Es ist offensichtlich, wie wichtig es Frau Machado ist, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von toxischen Beziehungen in queeren (insbesondere lesbischen) Beziehungen gegenüber heterosexuellen Verbindungen herauszustellen. Tatsächlich hab ich vor dieser Lektüre keinen Gedanken an dieses Thema verwendet. Eine wirklich bedrückende, erhellende Leseerfahrung. Und die Erzählweise ist ziemlich spektakulär. 4 Sterne und eine Leseempfehlung!