bibliomarie
In seinem neuen Roman „Das Glück des Wolfes“ ist die grandiose Bergwelt des Aostatals Hintergrund und Hauptsache zugleich. Fausto und Silvias Wege kreuzen sich in dem kleinen Bergdorf Fontana Fredda in der winterlichen Skisaison. Beide sind Suchende, die sich neu orientieren wollen. Fausta langjährige Beziehung scheiterte, die Wohnung in Mailand steht zum Verkauf und die Sehnsucht nach Stille hat ihn in seine geliebte Bergwelt getrieben. Silvia scheint familiäre Probleme zu haben, aber das wird eigentlich nie richtig thematisiert und treibt noch ein wenig ziellos in die Zukunft. Auch sie liebt die Herausforderung der alpinen Welt. Wie immer hat mich die poetische Sprache und wunderbare Beschreibung einer grandiosen Bergwelt begeistert. Vor dieser Kulisse scheinen die Menschen mit ihren Nöten fast unscheinbar. Trotzdem hätte ich gern mehr über die Schicksale der Protagonisten erfahren. Es gibt durchaus interessante Persönlichkeiten in diesem Buch, die es wert gewesen wären, sie ein wenig in den Vordergrund zu stellen. Zum Beispiel der knorrig-knurrige Pistenraupenfahrer Santorso und die Wirtin Babette, in deren Lokal Fausto und Silvia als Saisonkräfte arbeiten. Doch menschliche Schicksale streift Cognetti nur oder lässt allenfalls zwischen den Zeilen etwas aus ihrem Leben durchschimmern. Aber der Stil des Autors, voller Poesie und Sprachmelodie hat mich wieder sehr begeistert. Wenn er einen Gipfelanstieg beschreibt, war ich gedanklich mit auf dem Weg. Habe die Luft, die Kälte, das Eis gespürt und wunderbare Bilder im Kopf. Dabei gibt es nicht einen Hauch von Kitsch oder Naturüberhöhung. Er verschweigt nicht die Gefahren des Tourismus auf die fragile Landschaft oder die harten Lebens-und Arbeitsbedingungen der Bewohner. Hätte Cognetti seinen Protagonisten ein wenig mehr Raum gegeben, hätte ich den kurzen Roman noch intensiver gefunden. Die Covergestaltung finde ich sehr gelungen.