hyperventilea
Herrlich leichte, charmante „Wohlfühlprosa“ „Wir, Monsieur Chabanais, wir glauben an Wunder. Wer denn nicht, wenn Menschen wie wir, die wir von Geschichten leben. Wir verkaufen Träume, das haben sie mir selbst einmal gesagt, erinnern sie sich noch? Wir werden nie aufhören, Träume zu verkaufen, und wir werden nie aufhören, an Wunder zu glauben.“ Seit sich Aurélie und André in „Das Lächeln der Frauen“ gesucht und gefunden haben, ist ein Jahr vergangen. André, der gerade seinen zweiten Roman als Robert Miller veröffentlicht hat, ist nun bereit für den nächsten Schritt, er möchte Aurélie, die in Paris das kleine Restaurant „Le temps des cerises“ führt, einen Heiratsantrag machen. Doch der richtige Zeitpunkt dafür will sich einfach nicht einstellen. Dann erhält Aurélie einen folgenschweren Anruf, der sie nicht nur beruflich noch lange beschäftigen wird und André macht bei der Vermarktung seines Buches eine reizvolle Bekanntschaft… Nicholas Barreau schreibt unkompliziert und wunderbar leicht, sehr passend zum französischen Savoir Vivre. Abwechselnd schreibt der Autor in der ersten Person aus Andrés und Aurélies Sicht, er wechselt somit regelmäßig die Perspektive auf seine Geschichte. Vieler seiner kleinen, optimistischen Sätze habe ich gerne zweimal gelesen. So heißt es beispielsweise „Die Liebe ist vielleicht das, worauf wir am wenigsten Einfluss haben. Aber sie ist das Wichtigste in unserem Leben. Liebe ist die Antwort auf alles.“ oder „Die Liebe - das sind nicht Rosen und nicht Schokolade, das ist Zusammensein für immer.“ Solche Sätze machen einfach gute Laune. Der Autor bringt es im Nachwort auf den Punkt: André und Aurélie sind im Alltag angekommen, mit ihren liebenswerten Eigenarten, ihren Unzulänglichkeiten, ihren Hoffnungen und Wünschen. André und Aurélie sind sympathische Figuren, beide sind ehrgeizig, genießen ihren beruflichen Erfolg und beide sind durchaus eifersüchtig. Sie haben nach außen völlig unterschiedliche Interessen: Für André ist Essen einfach nur Essen, für Aurélie können Speisen Kunst sein. André kann ohne Bücher nicht leben, Aurélie liest nicht. Aber Literatur und Kochen haben mehr gemeinsam, als man denkt, heißt es im Buch. Für beides braucht es ein gutes Gespür und eine große Leidenschaft. „Man kann die besten Zutaten verwenden oder die schönsten Wörter- wenn die Leidenschaft fehlt, wird daraus nichts Gutes werden.“ So wird aus der augenscheinlichen Unterschiedlichkeit der beiden dennoch eine Gemeinsamkeit. Auch wenn die Protagonisten sicher nicht die tiefgründigsten Figuren sind, wirken sie doch sehr menschlich, nahbar, vertraut und „echt“, sie entwickeln sich weiter, gestehen ihre Fehler ein. Aber zwei ganz spezielle Personen drohen das Glück des Paares zu zerstören und stellen die Beziehung auf eine ernste Probe. Können Aurélie und André alle Missverständnisse und verletzte Eitelkeiten hinter sich lassen oder kommt es zum Neuanfang mit neuen Partnern? Auch wenn ich als Leserin insgeheim sofort wusste, wie es ausgehen wird (was auch sehr gut so ist), hat mir die charmante, leichte Liebesgeschichte mit den vielen zuversichtlichen Sätzen viel Freude gemacht. Dass im Roman immer wieder auf Andrés Roman angespielt wird, der viel mit diesem Buch gemein hat, fand ich eine nette Idee. Ich hatte den Eindruck, André selbst könnte gut der Autor von „Der Zeit der Kirschen“ sein. Andrés Roman wird im Roman als liebenswürdige, nette, charmante Wohlfühlprosa bezeichnet und genau das ist „Die Zeit der Kirschen“ für mich auch. Zudem haben mir die leckeren Gerichte, die Aurelie kocht und isst Appetit gemacht. Romane und gutes Essen, für mich passt diese Kombination ganz prima zusammen. Oft ist es goldrichtig, die Welt nicht zu schwer zu nehmen und Dinge wie Bücher und Speisen einfach zu genießen. Auch Paris, das hier so atmosphärisch beschrieben wird, möchte ich nach der Lektüre gerne besuchen. Nicholas Barreau hat erneut einen kurzweiligen Liebesroman für einen verregneten Sofatag verfasst. „Die Zeit der Kirschen“ kann für sich gelesen werden, aber noch mehr Spaß macht es, wenn man den ebenso lesenswerten Vorgänger „Das Lächeln der Frauen“ schon kennt. André macht sich im Roman über den abgedroschenen, vielzitierten Satz „Ich wünschte, dieser Roman möge niemals enden“ lustig, aber ich könnte diesen Satz über „Die Zeit der Kirschen“ mit voller Überzeugung ebenso sagen.