Yvonne Franke
Ich wollte nur mal reinlesen, ehrlich! Aber dann hat sich irgendwie ein Tunnel aufgetan und da konnte man nicht abbiegen. Normalerweise schaffe ich gar nicht mehr als 200 Seiten am Tag, aber wenn man den Schlaf weglässt gehen offensichtlich auch 320. "Hell strahlt die Dunkelheit" von Ethan Hawke wirft einen emotional von einer Ecke in die andere. Der Sex zum Beispiel bewegt sich hart am Rande des Machoklischees, bis man es fast nicht mehr aushält, kippt dann aber in zarte Verletzlichkeit und schonungslose Selbstreflexion. Es ist rasant und man muss draufstarren, wie auf einen Seiltänzer zwischen Hochhausdächern. Trotzdem fühlt sich die Lektüre an der Stelle noch eher nach Guilty Pleasure an, nach etwas, das man lieber heimlich in Bett liest, als zum Beispiel in der U-Bahn. Wirklich seelentief, eindringlich, essentiell persönlich wird der Text aber wenn Hawke über die Schauspielerei erzählt, als wäre sie der Atem oder der Herzschlag und dann wieder ein Raubtier oder ein wucherndes Geschwür. Seht Ihr, wie ich sofort nach großen Bildern suche, um den Text zu fassen zu kriegen? Zu lange abgetaucht gewesen in dieser Shakespeare geschüttelten Figur namens William Harding, dem Filmstar, der sich auf die Bühne traut und ein bisschen erinnert an Ethan Hawke.