marcello
Nachdem mich Sarina Bowen zuletzt nicht mehr so inhaltlich umgehauen hat wie noch mit ihrer „True North“-Reihe, war ich auf die „Burlington University“-Reihe dagegen wieder sehr gespannt, denn immerhin ist es von meiner geliebten Reihe ein Spin-Off und beschäftigt sich mit den beiden jüngsten Shipley-Kindern, den Zwillingen Daphne und Dylan. Die Leseprobe hat mich zwar schon etwas stutzig gemacht, da die ersten Seiten mit Dylan und Chastity von einigen Klischees geprägt war, aber ich habe mir gesagt, dass es einfach gut werden muss. Oder doch nicht? Schon die „Ivy Years“-Reihe war eher für ein jüngeres Publikum mit Collegethematik gedacht, was für mich aber nicht an allen Stellen so gut gepasst hat, weil für mich einfach die tiefergehenden Themen und das Familiäre von True North gefehlt hat. Bei der neuen Reihe ist es nun leider so, dass sie an vielen Stellen auch eher zu oberflächlich ist, wobei wenigstens das Familiäre noch gegeben ist, denn die Shipleys und andere Figuren der Reihe tauchen oft genug auf. Es war also echt schön, alle nochmal wiederzuerleben und zu erfahren, wie es gerade bei ihnen läuft. Aber das konnte dann eben auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Dylan und Chastity in ihrer Charakterausarbeit nicht das Niveau erreicht haben, was ich sonst bei den Figuren der Reihe kennengelernt habe. Ausgangspunkt dieser Schwierigkeiten sind definitiv die Oberflächlichkeiten, mit denen Dylan und Chastity eingeführt werden, denn diese sind nicht mal eben wieder abzubauen. Dylan ist der, der niemanden wirklich an sich heranlässt, weil er sich die Schuld am Tod seines Vaters gibt und glaubt, dass er für keine Beziehung gemacht ist. Zwar hat er eine Freundin, aber das ist auch eher nur der Bequemlichkeit geschuldet, mit Liebe hat das nichts zu tun. Dann haben wir Chastity, die in einer Sekte groß geworden ist und für alles Sexuelle bestraft wurde, also erstmal als sehr prüde dargestellt wird, aber eben doch mit einem versauten Gedankengut. Wobei der Ausdruck von „versaut“ nun nicht von mir stammt, denn Chastity sagt das ständig über sich selbst, was ich dann auch schon gleich grenzwertig finde, weil an Sex denken nun wahrlich nicht automatisch versaut gleichkommt. Aber so hat er sich ständig eingeredet, dass sie nur unschuldig ist und sie hat ihm immer hinterher geschmachtet. Das hat die inhaltliche Dichte nicht unbedingt ausgeprägt werden lassen. Alles rund um die Bonbon-Produktion ist wirklich sehr süß gemacht, das habe ich gerne mitverfolgt, aber so richtig ans Eingemachte ging es sehr spät. Bei Chastity werden irgendwann noch ihre Ängste angepackt, die sie durch ihr vorheriges Leben unwiderruflich aufgebaut hat. Da gab es wirklich gute Ansätze, aber doch ist es auch etwas dünn geblieben. So fand ich auch ihre Texte, die sie für den Schreibkurs anfertigen musste, sehr, sehr dünn. Bei Dylan hat sich Bowen dann doch mehr Mühe gegeben. Gerade sein Gespräch mit seinem größeren Bruder Griffin war sehr stark sowie eben dann das Trauma rund um den Tod seines Vaters. Das hat mich mitgenommen und es war ein logischer Prozess, der abgebildet wurde. Leider waren danach seine Beziehungszweifel wie weggewischt und generell war er in seinem Denken bezüglich Chastity nur wenig konsequent. Nach der gemeinsamen Nacht will er erst Abstand, um sie dann doch wieder zu verführen, ohne dass wir zwischendurch seinen Sinneswandel mitverfolgen konnten. Fazit: So richtig begeistert bin ich vom Auftakt der Burlington-Reihe nicht Natürlich kann man „Was wir in uns sehen“ sehr gut weglesen und es gab sehr süße Momente, tolle Wiedersehen mit vielen Figuren aus der True North-Reihe, aber beide Hauptfiguren waren in ihrer Darstellung nur befriedigend, weil es zu viele Klischees und zu wenig Stellen wirkliche Tiefe gab. Ich sehne mich weiterhin danach, mal wieder die Bowen zu erleben, die ich durch True North lieben gelernt habe.