nina 🌸
Spannende Idee mit schwächelnder Umsetzung. Zur Geschichte: Ich bin überraschend leicht in die Geschichte reingekommen (bei fantastischen Welten brauche ich nämlich meist ein bisschen länger) und wurde schnell von den Erzählungen gefesselt. Ich liebe royale Geschichten rund um Dynastien, Intrigen und Geheimnisse und war dementsprechend sofort Feuer und Flamme für die Geschichte der Bell-Frauen. Das Worldbuilding ist auch wirklich toll entwickelt: einnehmend, atmosphärisch und magisch. Einiges wird gut erklärt, manche Fragen bleiben allerdings auch bis zum Ende offen (zumindest bei mir). Da es sich hierbei um einen Einzelband handelt, war natürlich nur begrenzt Raum für Tiefe und Details verfügbar, aber das Ganze hat so auf jeden Fall funktioniert. In meinen Augen ist der Autorin die schmale Gratwanderung zwischen schlüssig und langatmig hier ganz gut geglückt, auch wenn es natürlich auch Entwicklungspotenziale gab. Zudem möchte ich hier noch einmal betonen, wie unglaublich toll und kreativ ich die Kulisse finde. Ich liebe den Kontrast zwischen der idyllischen karibischen Insel St. Lucien und der düsteren Dämonenwelt innerhalb des Vulkans. Die Grundidee war wirklich mehr als vielversprechend und sehr interessant. Lediglich die zeitliche Komponente fand ich in diesem Worldbuilding etwas verwirrend bzw. nicht ganz stimmig. Königshäusern wohnt für mich immer ganz automatisch der Zauber längst vergangener Zeiten inne, weswegen mich die Referenzen zu Musik und Literatur unserer Zeit ziemlich irritiert haben, zumal unser technischer Fortschritt ansonsten kaum einbezogen wird. Die erste Hälfte des Buches gefiel mir wesentlich besser als die zweite. Zu Beginn ist der Spannungsaufbau gut gelungen, wobei mir insbesondere der kriminalistische Aspekt rund um Maylin sehr zusagte, aber als der Fantasy-Anteil dann immer mehr Raum einnahm, ging in meinen Augen viel Spannung flöten. Die Geschichte begann mich zu verwirren und wurde durch die Überreprästentation der fantastischen Elemente auch immer einseitiger - es blieb gar kein Raum mehr für Spannung, Charakterentwicklungen und Gefühle übrig. Es gab immer wieder Längen und bis auf ein paar Überraschungen war die Handlung auch recht vorhersehbar. Zudem schien mir Vieles auch nicht mehr nachvollziehbar bzw. zu weit hergeholt. Die Liebesgeschichte konnte mich leider überhaupt nicht abholen. Die emotionale Ebene dieses Buches ist meines Erachtens insgesamt nur recht schwach ausgearbeitet und für mich hätten Saphina und Dante auch gut als Freunde funktioniert. Zwischen den beiden war sowieso kein Knistern, keine Romantik und Leidenschaft. Die Liebesgeschichte entwickelt sich zwar nicht zu schnell, wie es in Jugendbüchern und/ oder Einzelbänden oft der Fall ist, aber sie war für mich trotzdem nicht greifbar, sondern erschien mir durchweg unglaubwürdig. Ich konnte nicht nachempfinden, wann und wie sich die beiden ineinander verliebt haben sollten, es war plötzlich einfach so - zumindest offiziell. Das große Finale wurde kurz und schnell abgehandelt, wobei Spannung, Emotionen und Atmosphäre größtenteils wieder auf der Strecke blieben. Das hat mich dann ehrlich gesagt schon ziemlich enttäuscht. Große, weltbewegende Konflikte sollten nicht so fix und emotionslos aufgelöst werden, sie sollten episch inszeniert werden. Zu den Charakteren: Die Geschichte wird ausschließlich aus Saphina's Sicht in der ersten Person Singular erzählt. Saphina ist für ihr Alter noch sehr kindlich und naiv, was mir oft auf die Nerven gefallen ist. Sie soll mutig und stark sein, aber auf mich wirkte sie eher hilflos, selbstbezogen und vor allem sehr stur. Ihre ständigen Trotzreaktionen gingen mir wirklich gewaltig auf den Senkel, etwas mehr Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein sollte man von einer 17-Jährigen in ihrer Position schon erwarten können. Sie erfüllt mit ihrem Verhalten voll und ganz das unrealistische und ewig ausgelutschte Klischee des "normalen", unbedarften Mädchens, das plötzlich zur tapferen Heldin wird und alle rettet. Dante ist in meinen Augen ebenfalls ein wandelndes Klischee. Er hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite ist er sehr von sich selbst überzeugt und Saphina gegenüber abweisend und überheblich, auf der anderen Seite ist er ihr bester Freund und Geliebter und will doch eigentlich nur ihr Bestes. Dieses Launen passen nicht zusammen und ein solches Verhalten kann man auch mit nichts rechtfertigen. Etwas mehr Tiefe wäre zwar schön gewesen, aber für einen Einzelband sind die Charaktere meines Erachtens ganz gut ausgearbeitet worden. Ob man sie mochte, ist schließlich eine andere Frage... Obwohl ich so meine Probleme mit Saphina hatte, konnte ich durch die Innensicht doch ganz gut in ihren Kopf schauen und habe durchaus mit ihr mitgefiebert. Ihre Mutter und ihre Schwester Livia sind allerdings wirklich ein absoluter Albtraum! Zum Schreibstil: Das Buch lässt sich locker-leicht und flüssig lesen. Der Schreibstil ist gut verständlich, aber eben auch recht einfach gehalten - ein bisschen mehr Aussagekraft und Charakter hätten hier definitiv nicht geschadet. Dennoch ist dieses Buch durchaus einnehmend geschrieben und konnte mich mit seinen humorvollen Passagen insgesamt gut unterhalten. Manchmal driftete es zwar in eine etwas alberne Richtung ab, aber ich muss hier auch einsehen, dass ich mit meinen 23 Jahren nicht mehr der eigentlichen Zielgruppe entspreche und es vor 10 Jahren vermutlich auch anders empfunden hätte. Weitere Anmerkungen: Leider sind mir hin und wieder ein paar Rechtschreib-/ Grammatik- und/ oder Tippfehler aufgefallen, aber vielleicht lässt sich das für die folgenden Auflagen ja noch korrigieren. Fazit: Zu Beginn fand ich dieses Buch wirklich toll, da mich sowohl seine Grundidee als auch seine Kulisse und Atmosphäre schwer beeindrucken konnten, aber je weiter ich las, desto mehr Kritikpunkte fand ich. Die Spannung flaute immer mehr ab und die fantastischen Elemente des Buches wurden immer verwirrender. Zudem wurde ich mit keinem der Charaktere so richtig warm und komme nicht umhin zu überlegen, ob ich nicht vielleicht einfach schon etwas zu alt für dieses Buch und seine naiv-trotzige Protagonistin war... 2,5/ 5 Sterne ⭐️