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Fina

Posted on 23.10.2021

Gestaltung: Als ich das Buch in der Programmvorschau des Verlags gesehen habe, war ich ehrlicherweise nicht so angetan. Das rote Cover mit der schwarzen Perücke war zwar ein Blickfang, wirkte auf mich aber etwas nichtssagend. Doch als das Buch bei mir eingezogen ist, war ich positiv überrascht. Es handelt sich um eine wertige Klappenbroschur, die viele schöne Details hat, z.B. die Symbole auf dem Buchrücken und der Rückseite, die in der Geschichte eine tragende Rolle spielen. Letztendlich passt die Aufmachung einfach sehr gut zum Inhalt und das ist schließlich die Hauptsache. Darum geht's: Nora möchte gemeinsam mit ihre beiden Freunden nur etwas Geld bei der Bank einzahlen und gerät prompt in einen Raubüberfall. Doch die Täter wissen nicht, mit wem sie es zu tun haben, denn Nora ist die Tochter einer gerissenen Trickbetrügerin und mit allen Wassern gewaschen. Die vielen Identitäten, die Nora im Laufe ihrer Kindheit und Jugend angenommen hat, haben ihr die unterschiedlichsten Lektionen erteilt, und so hat sie auch diesmal eine klare Mission: Ihre Freunde und sich aus diesem Banküberfall zu befreien. Idee/ Umsetzung: Als wäre ein Banküberfall nicht schon nervenaufreibend genug, kombiniert die Autorin die Ebene der Gegenwart in der Bank mit Rückblicken aus Noras Vergangenheit. Deshalb ist das Buch eine spannende Mischung aus ungewöhnlichem Coming-of-Age Roman und Jugendthriller. Den Banküberfall habe ich als aufwühlend und actionreich erlebt. Wir wissen anfangs nicht, wonach die Täter suchen und ich habe sehr mit Nora mitgefiebert, die direkt anfängt, Zusammenhänge herzustellen und sich einen Fluchtplan zu überlegen. Dabei legt sie ein ungeheures Kombinationsvermögen und Manipulation an den Tag, was ebenso befremdlich wie faszinierend war. Die Handlung der Vergangenheit bringt uns Stück für Stück näher, weshalb Nora so gerissen ist, denn das musste sie in ihrer Kindheit und Jugend schmerzhaft erlernen. Bereits im Alter von zehn Jahren wurde sie von ihrer betrügerischen Mutter eingespannt, dabei zu helfen, reiche Männer übers Ohr zu hauen, mal als Katie, mal als Ashley oder Rebecca. Diese Erzählung fand ich die meiste Zeit über sehr belastend, weil ich nicht fassen konnte, wie viel unsere Protagonistin in diesem zarten Kindesalter durchmachen musste. Es war ebenso spannend und wendungsreich wie die Handlung der Gegenwart. Schreibstil: Mit dem Schreibstil der Autorin Tess Sharpe kam ich anfangs nicht so gut klar. Irgendwie ging mir alles etwas zu schnell und ich habe die Zusammenhänge erst mal nicht fassen können, die Handlung rann mir durch die Finger. Nach und nach wurde das besser und nach 50-100 Seiten war ich drin in der Geschichte. Unverblümt und ziemlich heftig schildert die Autorin Noras Leben voller Gewalt, toxischer Liebe und Kriminalität. Nichts für schwache Nerven, aber dafür mit einer besonderen Intensität und emotionaler Tiefe. Figuren: In meinen Augen ist die Handlung des Buches eher zweitrangig, weil es besonders um Nora und ihre persönliche Geschichte geht. Die Handlungen zeigen lediglich, weshalb das Mädchen so geworden ist, wie sie jetzt ist. Zuerst habe ich mit Noras skrupelloser, teilweise kalten Art nicht viel anfangen können und eine Distanz gespürt. Doch je mehr man in ihre Kindheit eintaucht und versteht, wie Nora aufgewachsen ist, wurde ihr Verhalten total nachvollziehbar und ich habe eher bewundert, wie tough sie all diese Erlebnisse wegstecken konnte. Sie ist nach wie vor gezeichnet von den Gewalterfahrungen, aber beweist einen guten Umgang damit. Weitere wichtige Figuren sind Noras Schwester, die von außen versucht, in den Banküberfall einzugreifen, sowie Noras Freundin Iris und ihr Ex-Freund Wes, die mit Nora in der Bank festgehalten werden. Das Trio klingt nach einer verrückten Kombination, das sind sie auch, aber auf sehr schöne, berührende Art und Weise. Manchmal hätte ich mir noch ein paar Einblicke in die Hintergründe der Täter gewünscht, aber da wir die Geschichte aus Noras Sicht kennenlernen, war das nicht möglich. Ende: Die Autorin hat das Ende für mich gut gelöst und die ganze Geschichte über den Spannungsbogen nicht abfallen lassen. Es war für mich die perfekte Mischung aus Thriller und emotionaler Geschichte des Erwachsenwerdens, was nicht viele Autor*innen geschickt zusammenbringen können. Fazit: Autorin Tess Sharpe hat mit diesem Jugendthriller etwas besonderes geschaffen. Obwohl ein rasanter Banküberfall das Zentrum der Geschichte ist, geht es in meinen Augen insbesondere um die Entwicklung einer äußerst interessanten, starken Protagonistin als Tochter einer skrupellosen Trickbetrügerin. Wer wissen möchte, was das psychisch mit einem jungen Mädchen machen kann, sollte sich auf "The Girls I've Been" einlassen und Nora und ihre vielen Identitäten kennenlernen.

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