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ginnykatze

Posted on 18.10.2021

„Manchmal weinen wir, weil wir glücklich sind.“ Wir befinden uns in den Niederlanden im Jahr 1945: Lena und Pieter de Vries haben einen Bauernhof und drei Kinder. Ans, ihre ältere Tochter, will raus aus der ländlichen Gegend, sie will in die Stadt. Lena kommt damit gar nicht klar und will sie nicht gehen lassen. Pieter sagt zu ihr: „Wenn du versuchst, sie festzuhalten, ist das, als wolltest du Sand festhalten. Je fester du zupackst, desto schneller rinnt er dir zwischen den Fingern hindurch.“ (Seite 19) So geht Ans nach Leiden und betreut dort die Frau von Professor Herman Huizenga, Eloise. Sie ist kränklich und braucht Ablenkung und Unterstützung. Sie lebt in einem großen herrschaftlichen Haus, das kennt Ans so nicht, sie ist überwältigt von dem Reichtum hier. Der Krieg wütet nicht nur in der Stadt hart, sondern auch auf dem Land. Miriam ist Jüdin und lebt in Köln. Ihre Familie will flüchten, aber so wie vorgesehen schaffen sie es nicht. So gehen nur Miriam und ihr Vater Abba. Miriam findet Trost und Halt im Spiel auf ihrer Geige, sie ist sehr talentiert und nicht nur einmal wendet sich durch das Spiel ihr Leben zum Guten. Alle denken es kann nicht so schlimm werden wie im ersten Weltkrieg, aber es wird schlimmer. Miriam, die inzwischen eine kleine Familie hat muss die schwerste Entscheidung ihres Lebens treffen... ...mit meiner Tochter übergebe ich ihnen gleichzeitig auch ein Stück meines Herzens...“ (Seite 250) Die Wege dieser drei so ungleichen Familien und Personen kreuzen sich immer wieder. Nichts ist vorhersehbar und Lena hat immer gerne alles unter Kontrolle, aber ihr Vater sagt dies zu ihr: „Die Illusion, dass sie alles unter Kontrolle hatte, war genau das, eine Illusion.“ (Seite 158) Wie wird der Krieg mit diesen Figuren umgehen und treffen Lena, Ans, Miriam und Eloise ihre Familien wieder? Fazit: Die Autorin Lynn Austin hat mit „Wenn die Schatten einmal weichen“ einen historischen Roman geschrieben, der von Anfang bis Ende im 2. Weltkrieg spielt. Das ist ihr außerordentlich gut gelungen, denn sofort reißt sich mich mit und hält mich gefangen in dieser Zeit. Ihr Schreibstil ist außergewöhnlich und einzigartig. Durch ihre bildhafte Erzählweise läuft mein Kopfkino sofort an und ich erlebe alles hautnah mit. Manchmal möchte ich die Augen verschließen, meine Tränen stoppen und nicht glauben, was ich hier lese. Ich bin ergriffen von ihren tollen und ausdrucksstarken Worten. Dieser Satz trifft es genau: „Kriege bringen immer Hungersnot und Krankheit und Tod mit sich.“ (Seite 100) Die Autorin verbindet Gegenwart und Vergangenheit geschickt, so dass wir erfahren wie es den Hauptfiguren vor und während des Kriegs ergeht. Das hat mir besonders gut gefallen. Es zeigt vor allem ihre ausgezeichnete Recherche. Den Charakteren haucht Lynn Austin durch ihre wunderbaren Beschreibungen Leben ein. Sie stehen vor mir. Ich möchte sie in den Arm nehmen und Trösten. Jede Figur hat seine Eigenarten und sie sind sehr vielschichtig angelegt. Ich mag sie Alle und möchte hier keinen herausheben. Ich kann mit ihnen fühlen, lachen und weinen. Wer ist Freund und wer ist Feind? Diese Frage zieht sich durch das ganze Buch. Dieser Satz dazu hat mich am meisten berührt: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“. (Seite 219) Das Ende hat mir sehr gut gefallen. Die christliche Liebe, die man fast spüren kann beim Lesen, die passenden Bibelverse und der hervorragende Schreibstil runden das ganze Buch zu etwas ganz Besonderem ab. Es bleibt noch lange in Gedanken und ich werde es ganz sicher eines Tages noch einmal lesen. Ich vergebe hier eine absolute Leseempfehlung und 5 hoch verdiente Sterne. Lest selbst, denn dieses Buch ist so atmosphärisch, einfühlsam und lebendig. Dies ist aber ganz allein meine Meinung.

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