Fina
Gestaltung: Für mich ist "Shelter" optisch das schönste Buch aller Poznanski Thriller! Ich finde das Muster auf dem Cover, die metallischen graphischen Elemente und die haptische Veredlung des Symbols rundum gelungen! Es passt zudem unfassbar gut zum Inhalt des Buches und ist auch noch im hochwertigen Hardcover erschienen, was will man mehr? Ich bin vollkommen begeistert! Darum geht's: Nach einer gelungenen Geburtstagsparty sitzt die Clique rund um Benny in ihrer WG und aus anfänglicher Kritik an leichtgläubigen Esoterik Anhängern entspinnt sich die Idee, solche Leute mit Hilfe einer eigens erfundenen Verschwörungstheorie mal so richtig aufs Glatteis zu führen. Liv wittert direkt ein Thema für ihre Psychologie Bachelorarbeit und auch die anderen der fünf Freunde sind sich einig, das probieren sie aus! Doch nachdem sie ihr eigens entworfenes Symbol überall in der Stadt aufsprühen und in den sozialen Netzwerken die Theorie mit Fake-Profilen verbreiten, wird aus anfänglichem Spaß bald bitterer Ernst. Rasant bildet sich eine Community, die nicht nur auf friedliche Weise dafür kämpft, ihre Feinde in die Knie zu zwingen... Idee/ Umsetzung: Verschwörungstheorien sind seit einigen Jahrzehnten schon ein großes Thema und wenn man sich intensiver mit den Inhalten beschäftigt, stößt man auf viele spannende, abstruse und erschreckende Informationen. Diesem äußerst speziellen Thema hat sich Ursula Poznanski in diesem außergewöhnlichen Jugendthriller angenommen und damit ein aktuelles Thema ganz neu beleuchtet. Das Buch beginnt direkt sehr spannend und ich habe die Vorfreude der Freundesclique, mit dieser Idee den naiven Anhängern solcher Theorien den Spiegel vorzuhalten, sehr gut nachvollziehen können. Die Autorin lässt hier unfassbar viele kreative Elemente einfließen, die Entstehung des Symbols, die Spieler und Gegenspieler der Theorie und die Verbreitungsaktionen. All das habe ich als sehr realistisch empfunden. Zuerst liegt der Fokus der Handlung auf der Verbreitung der Verschwörungstheorie, in diesem Prozess bringen sich alle Freunde gleichermaßen ein und Liv dokumentiert den gesamten Prozess für ihre Forschungsstudie. Doch sobald die ersten Anhänger gefunden und überzeugt sind, entwickelt sich ein gefährliches Schneeballsystem, das auch die Freundschaft der Clique auf eine harte Probe stellt. Von den vielen gefährlichen Wendungen, die die Sache nimmt, möchte ich nicht zu viel vorwegnehmen, aber es geht um Gewalttaten, Vandalismus, Stalking und noch einiges mehr. Die gesamte Entwicklung, die die Verschwörungstheorie genommen hat, fand ich zu keiner Zeit absurd, sondern konnte mir 1:1 vorstellen, dass es so in der Realität laufen könnte. Lediglich die Auflösung am Ende in Bezug auf die Theorie war mit etwas zu simpel, hat dennoch einen runden Abschluss geschaffen. Figuren: Die Figuren der Geschichte sind alle sehr unterschiedlich und haben interessante Rollen eingenommen. Wir erleben die Geschichte aus der Sicht von Benny, der noch nicht allzu lang in der Stadt ist und ein ganz schönes Päckchen zu tragen hat. Ihm habe ich mich zuerst eher fern gefühlt, was ich im Laufe der Geschichte aber komplett geändert hat. Darya, Nando, Liv und Till sind ebenfalls spannende Charaktere gewesen, einige ausgefeilter und plastischer als andere, was ich in Anbetracht der Vielzahl der Figuren aber absolut nachvollziehbar finde. Ursula Poznanski hat sich insbesondere auf Benny und seine Gedanken- und Gefühlswelt fokussiert, wodurch manche Handlungen der anderen nicht so nachvollziehbar gewesen sind. Aber das halte ich für absolut authentisch, denn in einer außergewöhnlichen Extremsituation verhalten sich Menschen nun mal anders als normalerweise. Zum Ende hin kommen noch ein paar Figuren hinzu, die auch tiefergehend beleuchtet werden, hier konnte ich keine so starke Verbindung aufbauen, insbesondere in Bezug auf Octavius, bei dessen Handlungsstrang ich vieles zu einfach und unreflektiert gelöst fand. Schreibstil: Der Schreibstil ist wieder einmal große klasse, rasant und wendungsreich. Ich bin durch die Seiten förmlich durchgeflogen und fand den Spannungsbogen außerordentlich gut. Das ist wirklich eine besondere Stärke der Autorin und der Grund, weshalb ich nach und nach gerne all ihre Jugendbücher lesen möchte. Ende: Wie bereits angerissen war ich mit dem Ende der Geschichte nicht 100 % glücklich, was bei einem so komplexen Thema und der knappen Seitenzahl vermutlich auch schwierig ist. Für mich hätten einige Handlungsstränge gerne noch "ernster" bzw. konsequenter zu Ende geführt werden können, aber auch so konnte ich mit dem generellen Ausgang der Geschichte gut leben und grübele mit Sicherheit noch einige Zeit über die ein oder andere Sache nach. Fazit: "Shelter" ist ein sehr starker Jugendthriller von Ursula Poznanski, der wieder mal mit außergewöhnlicher Spannung und einer gut durchdachten, kreativen Grundidee überzeugen kann. Einige Wendungen in der Handlung hätte ich mir persönlich anders gewünscht und das Ende war mir etwas zu weich, aber dennoch war das Buch ein großer Lesegenuss und eines meiner Monatshighlights!