Dreamworx
Man kann das Heute nicht erkennen, wenn man das Gestern nicht sehen will. (Irische Weisheit) Nachdem ihre Ehe in die Brüche gegangen ist, folgt die Amerikanerin Laine Forrester der Einladung ihrer besten Freundin Ellie, um an deren Hochzeit teilzunehmen und in Irland ein wenig Ablenkung zu erfahren. Dort lernt sie mit Cormac einen Mann kennen, der ihr Herz höher schlagen lässt. Doch momentan ist sie noch zu sehr gefangen in ihrer eigenen Lebenslage. Die Festlichkeiten auf dem alten Schloss sind aber nur Fassade für Geschichten, die das alte Gemäuer über Jahrhunderte gehütet hat: unterschiedliche Frauenschicksale auf den mutigen Weg zu einem Neuanfang in ihrem Leben… Kristy Cambron hat mit „Das Lied der grünen Insel“ einen Roman vorgelegt, der sich vor dem Hintergrund der mystischen grünen irischen Insellandschaft über drei Zeitebenen erstreckt und den Leser in das Leben von drei Frauen blicken lässt, die ihr Schicksal meistern müssen. Der farbenprächtige, flüssige und gefühlvolle Erzählstil erlaubt es dem Leser, zuerst die Gegenwart mit seiner Protagonistin Laine kennenzulernen, die gerade mit ihrer zerbrochenen Ehe hadert und noch nicht so recht weiß, wie es mit ihr weitergehen soll. Während ihre Schwester eine Gefängnisstrafe absitzt, kümmert sich Laine um ihre Nichte. Die Auszeit in Irland hat sie ihrer Freundin Ellie und deren Hochzeit zu verdanken. Die Gegenwart wechselt sich mit den Zeitebenen 1798 um die Schlossherrin Maeve Ashford und 1916 um die Fotografin Issy Byrne ab, in denen die Autorin nicht nur die jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Hintergründe Irlands gut in ihre Geschichte miteinfließen lässt, sondern auch das Schicksal von Maeve und Issy dem Leser näher bringt. Während die protestantische Maeve zur Zeit des irischen Freiheitskampfes mit Eoin den Anführer des irischen Aufstands erst versteckt und dann auch noch heiratet, schließt sich die auf Ashford Manor aufgewachsene Issy dem Osteraufstand gegen die Engländer an und dokumentiert dies mit ihren Fotos. Die Autorin weiß, den Spannungslevel besonders in den vergangenen Zeitebenen geschickt zu steigern, vor allem durch die realistischen historischen Begebenheiten, die den Rahmen für ihre Handlung stellen. Abwechseln springt der Leser durch die Zeiten, um das Schicksal jeder einzelnen Frauen in Etappen zu verfolgen und gleichzeitig viel irisches Flair aufzunehmen, das durch bildhafte Beschreibungen schöne Bilder hervorruft. Der christliche Aspekt fehlt in diesem Roman fast gänzlich, was angesichts der Tatsache, dass es auch um den katholisch-protestantischen Konflikt geht, sehr bedauerlich ist. Auch wenn die Autorin versucht, jeder ihrer Protagonistinnen irgendwie gerecht zu werden, hat das leider nicht ganz geklappt. Es wäre besser gewesen, sich mit maximal zwei Ebenen intensiver zu beschränken, das hätte die Geschichte insgesamt glaubhafter gemacht. Die Charaktere sind leider nur oberflächlich gestaltet und machen es dem Leser schwer, sich ihnen nahe zu fühlen. So bleibt er nur stiller Beobachter und folgt ihren Schritten. Laine ist eine Frau voller Zweifel, sie wirkt nicht gerade selbstbewusst und muss sich erst einmal der Herausforderung stellen, reinen Tisch mit sich selbst zu machen, bevor sie sich auf ein neues Leben einlassen kann. Issy Byrne besitzt wie Maeve einen festen Willen, Durchsetzungskraft und vor allem Mut, sich Dingen in den Weg zu stellen, egal, was es kostet. Die männlichen Protagonisten sind alle eher Randfiguren, die kaum auffallen. „Das Lied der grünen Insel“ ist ein passabler Roman über drei Zeitebenen und drei Frauenschicksale, der sich ganz unterhaltsam liest. Die Beschreibungen von Irland, vor allem die historischen Details, sind dagegen gelungen, reichen jedoch nicht, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.