Babscha
Palästina im Jahr 1947 vor der Staatsgründung Israels, Pulverfass unter der Mandatsregierung Großbritanniens und zerrissen zwischen den Gebiets- und Herrschaftsansprüchen von Arabern und Juden, ist der Schauplatz dieses historisch akribisch aufbereiteten Romans. Hauptperson ist Brand, ein lettischer Jude aus Riga, dessen ganze Familie im Holocaust umgekommen ist und der jetzt, in Jerusalem gestrandet, sich dort unter falschem Namen als Taxifahrer durchschlägt. Sein desillusioniertes Ziel heißt Überleben, obgleich er sich lose einer zionistischen Untergrundorganisation anschließt, für diese Kurierdienste leistet und damit ständig in massive Gefahr begibt. Der Leser/die Leserin gewinnt einen guten Eindruck von den chaotischen Zuständen in dieser Stadt zur damaligen Zeit, in der wild geschossen und bombardiert wird und die britische Mandatsregierung kaum in der Lage ist, der Dinge Herr zu werden. Hierzu passt dann die zwar tragische, aber in ihrer Eigenart auch hölzern und unnahbar bleibende Hauptfigur, ein Mann im Spagat zwischen Pragmatismus und persönlichen Schwächen, der zwar genau weiß, was er macht und welche Risiken er eingeht, aber auch fortwährend von Schuldkomplexen aus seiner Vergangenheit eingeholt wird, die ihn dann unlogisch und unüberlegt handeln lassen. Dies betrifft insbesondere Eva, eine Prostituierte, in die er sich verliebt und die ebenfalls im Untergrund tätig ist. Insgesamt ein eher untypischer O-Nan-Roman mit ungewöhnlicher Location, zwar spannend und das Kopfkino ankurbelnd, irgendwie aber doch zu lapidar und nüchtern niedergeschrieben, so dass etwaig aufkeimende Empathien für die Hauptperson immer wieder an Kopf und Herz des Lesers/der Leserin abprallen. Ein gutes und außergewöhnliches, aber dennoch irgendwie eigenartiges Buch. Insgesamt knappe vier Sterne.