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nina 🌸

Posted on 2.10.2021

Zähe Fortsetzung, die leider nicht weniger kritisch ist als der Auftakt. Zur Geschichte: Ich stand bereits dem ersten Band der Dilogie kritisch gegenüber und das hat sie hier auch nicht geändert. Diese Reihe behandelt ein wichtiges Thema, das viel zu selten angesprochen wird, hier aber leider schwierig umgesetzt wurde. Es häufen sich hier viele Kleinigkeiten an, die in ihrer Gesamtheit einfach schwer zu tragen sind. Einzelne Szenen, die fragwürdige Botschaften vermitteln. Werte, die Jugendliche meiner Meinung nach nicht adaptieren sollten. Die Geschichte bedient sich vieler Klischees, zeigt typische Rollenbilder auf und verharmlost toxische Beziehungsstrukturen und Verhaltensmuster. Ich glaube wirklich, dass Kelly Oram mit dieser Buchreihe gute Absichten hatte, aber letzten Endes bewirkt sie wohl eher das Gegenteil von dem, was sie vermutlich aussagen wollte und sollte. Sensible Themen werden hier viel zu oberflächlich behandelt und im Zuge dessen in gewisser Weise auch heruntergespielt. Dieser Buchreihe fehlt es merklich an Tiefe, was bei ihren Inhalten einfach sehr schwierig und kritisch ist. Man hätte mit dieser Geschichte Mut machen und Selbstvertrauen vermitteln können, aber das schlug hier meines Erachtens leider mehr als fehl. Die emotionale Ebene ist ebenso oberflächlich ausgearbeitet wie die gesamte restliche Geschichte. Val und Kyle finden hier wieder zueinander, was an sich sehr schön sein könnte, aber ich habe leider nichts davon gefühlt. Kyle's plötzlicher Sinneswandel in Bezug auf Val war für mich überhaupt nicht nachvollziehbar und wurde meines Erachtens auch nicht verständlich aufbereitet. Generell blieb mir seine gesamte Gefühlswelt mit ihren widersprüchlichen Aussagen und ihrem ewigen Hin und Her bis zum Ende ein einziges Rätsel. Das Ganze hat auf mich so gestellt und überhaupt nicht mehr authentisch und natürlich gewirkt, dass ich Val und Kyle ihre Liebe überhaupt nicht abgenommen habe. Ihre Liebesgeschichte konnte mich nicht wirklich erreichen und schon gar nicht berühren. Davon abgesehen ging die gesamte Geschichte nur sehr schleppend voran. Der Anfang ist noch ganz passabel, aber sobald Kyle und Val wieder Kontakt zueinander pflegen, geht jegliche Spannung flöten. Es passiert bis auf kleinere Streitigkeiten, die sich aber auch schnell wieder lösen lassen, so gut wie nichts in diesem Buch. Die Geschichte plätschert mit zahlreichen Längen so dahin, hat keinen guten Spannungsbogen vorzuweisen und wirkte insgesamt auf mich recht ziellos. Es mangelt ihr an Schwung, Tempo und Pep. Außerdem war für mich kein roter Faden in der Handlungsentwicklung mehr erkennbar. Das Ende setzt dem ganzen Kitsch und Klischee dann noch die Krone auf. Es ist in meinen Augen einfach nur unrealistisch, unglaubwürdig und überzogen. Ich mag die Autorin wirklich sehr, aber ich verstehe nicht, was sie sich hierbei gedacht hat. "Wie sehr kann man übertreiben?" - Kelly Oram: "Ja!" Zu den Charakteren: Die Geschichte wird ausschließlich aus Kyle's Sicht in der ersten Person Singular erzählt. Wie bereits erwähnt blieb mir Kyle's Denken und Handeln das gesamte Buch über ein großes Rätsel, manchmal wollte ich es auch gar nicht mehr verstehen. Seine Art, was er sagt und wie er andere (insbesondere Frauen) behandelt, ist in meinen Augen ganz, ganz kritisch und definitiv nichts, was irgendein:e Leser:in anhimmeln sollte. Ich wünschte wirklich, dass Val ihm mehr Contra gegeben oder ihn am besten gleich in die Wüste geschickt hätte, aber das hat sie leider nicht getan. Stattdessen schien sie ihm regelrecht hörig zu sein, aber das ist ein anderes Thema. Kyle soll reifer und erwachsen geworden sein, aber im Grunde hat er sich fast gar nicht verändert. Seine hoch gepriesene Charakterentwicklung ist eine verdammte Illusion. Kyle's Charakter ist und bleibt ein wandelndes Klischee, was in jedem Fall nicht gerade berauschend wäre, aber Kyle vereint auch noch Klischees, von denen wir uns im 21. Jahrhundert vehement distanzieren sollten, gegen die wir sogar bewusst ankämpfen sollten. Sein Charakter wirft ein ganz schlechtes Bild auf die Männerwelt, als wären diese Tiere ohne Sinn und Verstand, die gar keine andere Wahl haben als nach ihren niedersten Trieben zu agieren - das ist einfach nur peinlich und sexistisch (und vermittelt insbesondere jüngeren Leser:innen, welche ja die eigentliche Zielgruppe dieses Buches sind, ein ganz falsches Bild). Val's Charakter war für mich hier überhaupt nicht mehr greifbar, was definitiv nicht nur daran lag, dass die Geschichte nun nicht mehr aus ihrer Perspektive erzählt wird - Förderlich war es natürlich trotzdem nicht, ich hätte gerne gewusst, was sie denkt und fühlt. Ihre Handlungen und der gesamte Verlauf der Geschichte ließen mich ihren kompletten Charakter in Frage stellen, da es einfach nicht mit dem übereinstimmte, was wir im ersten Band über sie erfahren haben. Wie sie sich hier verhält, passt nicht zu der starken und selbstbewussten Frau, die ich immer in ihr gesehen habe. Es kommt mir so vor, als wäre ihre Persönlichkeitsentwicklung rückschrittig. Sie erscheint mir jetzt unsicherer als mit 17, sie macht sich komplett abhängig von Kyle und stellt seine Bedürfnisse vor ihre eigenen. Ich sage es noch einmal, weil es die Situation einfach perfekt beschreibt: Sie scheint ihm komplett hörig zu sein. Wo ist ihr Selbstbewusstsein hin? Ihre Stärke, ihr Mut und ihre Entschlossenheit. Und vor allem: Wo ist ihr eigener Wille? So sieht keine Protagonistin aus, wie ich sie mir für ein Jugendbuch mit dieser Thematik wünsche. Steht Val überhaupt noch hundertprozentig hinter ihren eigenen Werten und ihrer Kampagne? Es wirkt auf mich hier nämlich leider nicht so und das provoziert einen ganz üblen Beigeschmack, da sie anderen im ersten Band diesbezüglich immer wieder Vorwürfe gemacht hat. Das war damals schon nicht cool, aber mit ihrem jetzigen Verhalten macht es sie einfach nur falsch und was gibt es Schlimmeres als falsche Personen? Menschen, die sich selbst nicht treu bleiben und sich ständig widersprechen? Insgesamt wirken die Charaktere auf mich sehr oberflächlich und eindimensional. Sie besitzen weder Tiefe noch interessante Persönlichkeiten, bedienen sich dafür aber umso mehr Klischees - sehr, sehr schade... Ich konnte mich kaum in sie einfühlen und hineinversetzen, wollte es aber in Anbetracht ihrer Charakterzüge auch gar nicht mehr anders haben. Zum Schreibstil: Das Buch lässt sich angenehm leicht und flüssig lesen. Erfrischende und humorvolle Momente lockern die Geschichte auf, welche leider nur wenig fesselnd und noch weniger gefühlvoll beschrieben wird, aber das lag vermutlich mehr an der Handlung und den Charakteren als am Schreibstil. Ich kann das hier leider nicht mehr klar trennen, aber der Schreibstil hat mir auf jeden Fall keine zusätzlichen Probleme bereitet. Fazit: So sehr ich Kelly Oram (und "Cinder & Ella") auch schätze und so leid es mir für ihre Mühen, ihr Herzblut und ihr Engagement auch tut, kann ich euch dieses Buch überhaupt nicht empfehlen. Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass die Fortsetzung den Auftakt toppen und die kritischen Aspekte wiedergutmachen würde, aber in meinen Augen wurde es leider nur noch schlimmer. Weder die Charaktere noch die Handlung und ihre Themen besitzen Tiefe und Gefühl. Diese Geschichte ist oberflächlich, unglaubwürdig und noch dazu nicht gerade fesselnd. Von den ganzen kritischen Inhalten und Botschaften will ich gar nicht erst anfangen... Leider keine Empfehlung! 1/ 5 Sterne ⭐️

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