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Merle

Posted on 1.10.2021

Danke an Vorablesen und den hanserblau Verlag, die mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben. Meine Meinung ist davon unabhängig. Wut und Böse ist ein grandioses Buch, dass mich vor allem eins macht: wütend. Die Journalistin Ciani-Sophia Hoeder schenkt in ihrem Sachbuch Wut und Frauen, und wütenden Frauen ihre Aufmerksamkeit. Dazu geht sie zu erst auf die biologischen und psychologischen Hintergründe von Wut ein, bevor sie dann in einen historischen und gesellschaftlichen Diskurs dieser Emotion übergeht. Hoeder beschreibt, dass wütende Frauen oft nicht als „wütend“ dargestellt werden, sondern als zickig, hysterisch, empfindlich, kompliziert, theatralisch, … (diese Liste führt sie im Buch in einem „wutlosen Lexion“ noch weiter aus!). Sie erklärt die Unterschiede zwischen „männlicher Wut“ und „weiblicher Wut“ wirklich anschaulich. Außerdem geht sie auf verschiedene Beispiele ein, in denen Frauen wütend geworden sind. Von Rosa Parks über ihre eigene Mutter bis zu Beispielen aus 2020 ist alles abgedeckt. Mädchen wird von klein auf beigebracht, dass Wut etwas schlechtes ist, dass es zu unterdrücken gilt. „Wer wütend ist, ist dumm. Wer klug ist, argumentiert“, schreibt die Autorin weiter. Und ganz ehrlich? Die Situation kenne ich nur zu gut. Wie oft wurde ich in Diskussionen nicht ernst genommen, wenn ich wütend geworden bin? Man soll „einen kühlen Kopf“ bewahren, sachlich argumentieren und die Wut bitte schön daraus lassen, sonst ist man direkt hysterisch… Es ist einfach traurig, dass diese Wut von Frauen als etwas Negatives definiert und abgetan wird. Denn in dem Buch erfahren wir auch, dass Wut rein biologisch dem Körper gut tut und angestaute Wut auch rausgelassen werden muss, weil sonst Stresshormone nicht abgebaut werden können, wodurch es z.B. zu Depressionen kommen kann. Durch dieses Buch habe ich so viel gelernt. Hauptsächlich, dass Wut gut ist, und gut tut. Und dass Wut als essentielle Emotion ohne Wertung angesehen werden sollte. Wut ist nämlich einfach eine normale Reaktion auf Ungerechtigkeit, aber wird besonders bei Menschen, die keine weißen cis hetero Männer sind, als nicht neutral bewertet. Der Stil der Autorin hat mir unglaublich gut gefallen; es ist natürlich ein Sachbuch und da ist keine Wortpoesie zu erwarten. Aber es ist nicht trocken, leicht zu lesen, und es gibt am Ende noch ein Glossar mit relevanten Begriffen. Besonders der intersektionale Ansatz der Autorin hat mir gefallen, da sie z.B. auch auf die Wut von POC (People of Color) oder queeren Personen eingeht. Ich kann euch dieses Buch wirklich nur ans Herz legen. Es ist eins der besten feministischen Sachbüchern, die ich je gelesen habe. Das Buch hat knapp 200 Seiten und ist mit seinen 18€ etwas teurer, aber es lohnt sich wirklich. Und das Cover ist ein echter Eyecatcher mit seinen bunten Farben! Sonst gibt es noch das Hörbuch, welches die Autorin selbst liest, falls jemand sich das lieber anhören möchte Mein Fazit von diesem Buch: Meine Wut ist normal und wenn mich nochmal jemand als „hysterisch“ oder ähnlich bezeichnet, oder mir meine Wut absprechen will, dann drücke ich dieser Person einfach „Wut und Böse“ in die Hand!

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