Wedma
Ein sehr gutes, informatives, aufschlussreiches Werk, das die Bedeutung von Grenzen heute unter die Lupe nimmt und viele Dinge offenbart, die einem Otto-Normalverbraucher nicht so deutlich vor Augen stehen. Über diese Dinge, diese Tendenzen sollte man doch lieber im Klaren sein. Klappentext beschreibt die Eckpunkte sehr treffend. Es gibt viele spannende und aufschlussreiche Momente, die nicht nur informieren, Hintergründe und Zusammenhänge offenbaren, sondern auch viel Stoff zum Nachdenken geben. An mehreren Stellen wurde der Leser auf die wachsende Ungleichheit aufmerksam gemacht. Es gibt wenige, mit genug „Kleingeld“ in der Tasche, die ihre Mobilität nach eigenem Gusto gestalten können, von der „globalen Mobilitätselite“ ist hier die Rede, von einer „Form der Kommerzialisierung von Mobilitätsproblemen- und Freizügigkeitsrechten“, was kaum von der Hand zu weisen ist. Und es gibt die Mehrheit, für die Grenzen, insb. in den Zeiten der Pandemie, aufwendigere Hürden darstellen. Die Menschen werden im zunehmenderen Maße zu gläsernen Grenzgängern, in Europa wie auch in anderen Teilen der Welt. Wohl gemerkt, unabhängig davon, ob die dort herrschende Gesellschaftsordnung offiziell als Demokratie oder Diktatur bezeichnet wird. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“, kommt dabei u.a. in den Sinn. Die Bezahlung mit eigenen Daten, z.B. für schnellere und komfortablere Abwicklung an der Grenze, ist heute zur Normalität geworden. Die Grenze fängt heute auch viel früher an, und ist zunächst vom eigentlichen „Schlagbaum“ weit entfernt. Aufmerksam gemacht wurde man auf manche Dinge, die heute als normal erscheinen mögen, z.B. Fingerabdruck, der bei der Ausstellung des Ausweises seit einigen Jahren unerlässlich ist. Ursprünglich war er der Erfassung von Kriminellen vorbehalten. Viele interessante Daten/Fakten zum Thema Mobilität sind auch dabei, begleitet von klaren Worten zum Thema Risiko, seine Einschätzung und wofür dies heute gern benutzt wird. Viele wahre Dinge kommen dabei zur Sprache. Ich gehe hier nicht ins Detail. Besser, man liest selbst. Gut war auch, dass die Anglizismen von den entsprechenden deutschen Begriffen begleitet wurden. Ein Stern Abzug für das Messen mit zweierlei Maß. So manches wurde so politisch korrekt, so weichgespült und mit seidenen Handschuhen angefasst. Und es gibt das Gegenteil: Da wurde mainstreammedialer Erzählrahmen bemüht und herzhaft eingedroschen. Bei dieser Vorgehensweise leidet die Glaubwürdigkeit im Allgemeinen, und wirft Schatten auf gesamtes ansonsten sehr gutes und lesenswertes Werk. Beim Lesen kamen mir öfters folgende Bücher in den Sinn. Wenn noch nicht gelesen, empfiehlt es sich nachholen: „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ von Shoshana Zuboff, „Kapital und Ideologie“ von Thomas Piketty, „Mythos 9/11“ von Mathias Bröckers, “Chronik der angekündigten Krise“ von Paul Schreyer, „Die Herrschaft der extremen Mitte“ von Alain Deneault. Fazit: Ein sehr lesenswertes Werk. Hier wurden viele Aspekte im Zusammenhang mit Grenzen zutage gefördert, über die man als Laie nicht in diesem Umfang nachgedacht, die man so nicht gesehen hat. Und deshalb ist diese Sicht der Dinge so bereichernd und kennenlernenswert.