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mabuerele

Posted on 18.9.2021

„...Menschen kommen und gehen nun einmal in unserem Leben. Wenn wir nicht wollten, dass sich jemals etwas ändert, müssten wir die Zeit anhalten und ich denke, es ist ganz gut, dass wir das nicht können...“ Salma ist traurig, weil Ameera weggeht. Eigentlich ist der Anlass eher ein freudiger. Ameera heiratet. Es ist die erste Hochzeit im Haus des Friedens. Das Zitat gibt Sameeras Antwort wider. Auch der sechste Band der Reihe lässt keine Wünsche offen. Wieder wechselt ein hoher Spannungsbogen mit fast friedlichen und besinnlichen Szenen. Aus Kindern wurden Jugendliche. Die Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahre. Ameeras Hochzeit sollte nicht die einzige bleiben. Der Schriftstil ist ausgefeilt. Die Geschichte schließt zeitnah an den Vorgängerband an. Für alle gibt es entspannende Tage als nicht nur Raja, sondern auch Vishal mit Familie zur Weihnachtsfeier kommen. Die Auseinandersetzung zwischen Yussuf aus dem Heim und Rajata, Vishals Tochter, sorgen für beste Unterhaltung. Das Mädchen lässt sich von dem älteren Jungen nichts gefallen. Doch die Zeiten ändern sich. Das Waisenhaus im Kashmir wird natürlich auch von den politischen Verhältnissen tangiert. Als das Kashmir seinen Sonderstatus verliert, brechen Telefonverbindung und Internet zusammen. Das trifft sie hart, denn der Kontakt zu Raja und seiner Familie ist nun kaum möglich. Und dann kommt 2020 noch Covid-19 dazu. Es ist an Vikram und Sameera, die Kinder aufzufangen und aus der Situation das Beste zu machen. Vikram sieht die Chancen der Kinder so: „...Wenn die Jungen und Mädchen hier es auf eine gute Schule schaffen und einen guten Abschluss machen […], dann haben sie nur dann eine echte Zukunft, wenn sie das Tal verlassen. Hier gibt es kaum Jobs, kaum Firmen, keine Industrie...“ Und wer abrutscht, landet ganz schnell bei gewaltbereiten Gruppen. Auch mit diesem Thema müssen sie sich auseinandersetzen. Gerade Mädchen, die mehr wollen als Hausfrau und Mutter zu sein, leben häufig unter Angst und Bedrohung. Sameera und Vikram versuchen alles, ihren Kindern die innere Stärke vorzuleben und zu vermitteln. Einem aber ist das Waisenhaus seit jeher ein Dorn im Auge, dem Polizeichef Narendra Nikam. Seine raffinierten Intrigen sind vom Feinsten. Die erste wird von Raja geschickt abgewehrt. Jetzt kommen ihm die Erfahrungen seiner dunklen Jahre zugute. Doch Nikam gibt nicht auf. Wie waren doch gleich Vikrams Worte? „...Die gefährlichsten Feinde haben den längsten Atem und schlagen bevorzugt zu, wenn man gar nicht mehr mit ihnen rechnet...“ Dummerweise hat er recht. Es sind harte Tage, wo es um alles oder nichts geht. Eines aber tragt sie auch dann, die tiefe Freundschaft zwischen Vikram, Raja und Sameera und die unbedingte Verlässlichkeit aufeinander. In diesem Teil werden einige Lebensläufe der Kinder zu Ende erzählt. Nicht alles geht glatt und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich im letzten Teil von dem einen oder anderen noch hören werde, aber etliche haben ihr Ziel im Leben gefunden. Und auf Yussuf, der sich zu Beginn des Buches noch mit Rajata gekabbelt hat, kommt eine besondere Aufgabe zu. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die vielen schönen Sprachbilder, die den Zauber der Landschaft wiedergeben. „...Shikaras zogen goldglänzende Spuren durch die Wasseroberfläche, die Gipfel der Berge dahinter verschwammen noch in einem weichen sommerlichen Morgennebel...“ Ein Personenverzeichnis und ein Glossar ergänzen das Buch. Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie geht in die Tiefe und zeigt, welch große Wirkung persönliches Engagement haben kann.

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