letterrausch
Louise Brown hat mit „Was bleibt, wenn wir sterben“ so ein tröstendes Buch geschrieben. Außerdem ist es noch: berührend, ergreifend, traurig, aber eben auch lebensbejahend. Louise Brown, geboren in London, hat es nach Hamburg verschlagen, wo sie mit ihrer Familie und ihrem Hund lebt. Eigentlich ist sie Journalistin, doch mittlerweile arbeitet sie auch als Trauerrednerin und organisiert „Death Cafés“, in denen man sich bei Kaffee und Kuchen über den Tod und die Trauer austauschen kann. Zu diesem eher ungewöhnlichen Job ist sie durch ihre Eltern gekommen. Ihr Vater und ihre Mutter sind kurz nacheinander, innerhalb von wenigen Monaten, gestorben. Die Journalistin, die mit Worten umgehen konnte und die nach eigenem Dafürhalten doch schon so viel gesehen und mitgemacht hatte, sah sich dem Gefühl der Trauer gegenüber. Und der Tatsache, dass es in unserer heutigen Gesellschaft immer noch keinen richtigen Raum dafür gibt. Wir behelfen uns mit Traditionen, versuchen aber darüber hinaus, möglichst schnell wieder zu funktionieren, weiterzumachen. „Ich glaube nicht, dass ich das nötige Verständnis und Mitgefühl für die trauernden Familien aufbringen könnte, wenn ich nicht selbst den Schmerz der Trauer erfahren hätte“, sagt Louise Brown am Anfang. Denn was macht eine Trauerrednerin? Nach einem Todesfall besucht sie die Angehörigen, spricht mit ihnen über die verstorbene Person und gießt diese Informationen dann in eine Trauerrede. Ja, Empathie spielt hier eine wichtige Rolle. Doch auch Louise Browns journalistische Ausbildung hilft. „Was bleibt“ ist mit kurzen Lebensabrissen von Verstorbenen gespickt. Das Ehepaar, das eine Apfelplantage bewirtschaftet hat, die Freundinnen mit dem Schrebergarten, die vielen Geschichten einer Kindheit während oder kurz nach dem Krieg. Das ist einerseits zwar alltäglich, andererseits weisen diese Biographien und Geschichten aber auch über sich hinaus. Jedes Leben hat etwas Besonderes, Spannendes, Berührende,s möchten uns all diese kurzen Abrisse sagen. Louise Brown ist in der Lage, dieses Extrakt zu finden und aufs Papier zu bannen. Das kann auch Ängste nehmen: Was wird man wohl auf meiner Beerdigung sagen? Gibt es da überhaupt etwas zu erzählen? Louise Brown meint, auf jeden Fall! „Was bleibt, wenn wir sterben“ ist einerseits ein Einblick in Louise Browns Arbeit als Trauerrednerin, andererseits ist es ein sehr persönliches Buch über ihre eigene Trauer um ihre verstorbenen Eltern. Dieses doppelte Abarbeiten am Thema gibt dem Buch einen persönlichen Touch sowie eine universelle Gültigkeit. Der, der schon immer mal wissen wollte, was man als Trauerredner so macht, ist hier gut aufgehoben. Der, der eine subjektive Beschäftigung mit dem Themengebiet Tod und Trauer lesen will, auch. Auch hier spielt ihre journalistische Arbeit Louise Brown in die Hände. Geschickt kombiniert sie die Geschichten von Verstorbenen mit persönlichen Erfahrungen, mit Biographien und Anekdoten. Ja, da wird es auch mal bedrückend und traurig. Manchmal muss man durchaus schwer schlucken. Aber ihr Credo ist: Trauer ist normal. Und es gibt keinen vorgeschriebenen Weg, den man hier beschreiten muss. „Was bleibt“ ist kein Ratgeber dafür, wie man eine Beerdigung organisiert, was man nach einem Todesfall alles zu beachten und abzuarbeiten hat. Es gibt den ein oder anderen Hinweis aus ihrer Praxis: Dass Trauernde mutiger sein sollten, eine Trauerfeier nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Tradition oder „das haben wir schon immer so gemacht“ hilft nicht jedem. Es ist legitim, den eigenen Weg der Verabschiedung zu finden. Vielmehr ist „Was bleibt“ eine Meditation über das Lebensende und die Trauernden, die nach dem Tod mit all ihren Fragen und all ihrem Schmerz zurückbleiben. Mit viel Gefühl und Verständnis geschrieben von einer Frau, die ein Talent dafür hat, die richtigen Worte zu finden.