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monerl

Posted on 26.2.2018

Dieses Buch nimmt einen mit, obwohl es in recht kühlem und distanziertem Schreibstil verfasst wurde. "Abschied von Sidonie" ist eine Erzählung, die auf einer wahren Geschichte basiert. Und dass es sich dabei noch um ein Kind handelt, schmerzt mich umso mehr. So viel Glück im Unglück hatte das kleine, dunkle Mädchen, dass durch einen Zettel um Eltern bat. Von der eigenen Mutter vor einem Krankenhaus zurückgelassen, bekam es mit Hans und Josefa Breirather die besten Eltern, die es sich hätte wünschen können. Zudem einen Bruder und eine Schwester dazu. Alles hätte so schön weiter gehen können, wären nicht die dunklen Zeiten des Zweiten Weltkriegs gekommen und hätten Hitler und seine Nazionalsozialisten nicht bis nach Österreich gegriffen. Sie streckten ihre Arme nach einem Roma-Mädchen aus, trennten es von seiner Familie, um es angeblich endlich der echten Mutter, die letztendlich ausfindig gemacht werden konnte, zu übergeben. Und immer noch bestand die klitze kleine Möglichkeit das aufkommende Unglück in Glück zu verwandeln, wären da nicht ein schwacher Bürgermeister gewesen, ein überkorrekter Lehrer und Jugendamtmitarbeiter, die keine Empathie zeigen wollten. Und so nahm das Unausweichliche seinen Lauf und es kam dazu, wie es kommen musste. Menschen schauten dort weg, wo sie hätten hinschauen müssen. Menschen stellten sich blind, wo sie hätten die Augen öffnen sollen. Menschen stellten sich unwissend, wo sie hätten ahnen können. Ein 10jähriges Mädchen, die aufgeschlossene, fröhliche, freundliche und liebevolle Sidonie verlor ihre Zukunft. "Ein Kind gehört zu seiner Mutter, sagte er, das ist immer besser, und außerdem: wer weiß, was die Zukunft bringt. Heiraten darf es nicht, kriegt es Kinder, fallen die nur der Gemeinde oder der Fürsorge zur Last, und eine Zigeunerin bleibt immer eine Zigeunerin, da kann man machen, was man will. Bei ihrer Mutter, da ist sie unter ihren Artgenossen, merkt keine Unterschiede und lebt sich ein." (Seite 93) Im letzten Kapitel fasst der Autor nochmals kurz und direkt Sidonies Geschichte zusammen und zeigt auf, was mit nur ein bisschen Mut, gutem Willen und Empathie hätte verhindert und gleichzeitig geschenkt werden können. Fazit: Der Autor Erich Hackl erinnert an ein trauriges Schicksal, wie es damals viele gab. Und doch ist jedes einzelne wichtig. Er gab Sidonie eine bleibende Erinnerung, wenn schon ihr alles andere versagt worden ist. Eine Geschichte, die berührt, umso mehr, da sie keinen Herzsschmerz erzeugen will und das genau deswegen aber schafft. Ein dünnes aber sehr eindringliches Buch von Liebe über alle Grenzen hinweg. Und über das Böse, das Grauen, das fähig ist alles das zu vernichten. Doch wir werden NICHT vergessen!

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