Susanne Matiaschek
Als ich “Eine perfekte Ehe” von Kimberly McCreight gesehen habe, war klar, dass ich es unbedingt lesen musste. Alleine das Cover war schon Liebe auf den ersten Blick, aber der Inhalt hat mich nur noch neugieriger gemacht. Denn diese Art von Thriller trifft definitiv immer meinen Geschmack. Die Ernüchterung folgte jedoch auf dem Fuße, denn anfangs konnte mich die Geschichte einfach überhaupt nicht packen. Es passierte so viel und gleichzeitig gar nichts. Wodurch für mich ein paar Längen entstanden sind. Später wurde es besser und es hat mich definitiv erreicht. Aber das dauerte seine Zeit. Zudem wartet diese Story nicht mit besonderem Tempo auf. Es ist sehr schwermütig und ruhig, was doch eine gewisse Herausforderung darstellt. Ebenso müssen sich die Charaktere erst entfalten, damit man sie wirklich spüren und erkennen kann. Im Fokus stehen Amanda und Lizzie, deren Perspektive wir auch erfahren. Aufgrund dieser Perspektiven, kann man sie ergründen, erfährt sehr viel über ihr Leben und ihre Person. Was verdammt interessant zu verfolgen war. Denn was die Charaktere so besonders macht, ist ihre Wandelbarkeit. Sie haben so lange an ihrer perfekten Fassade gearbeitet, dass sie bald selbst nicht mehr wissen, wer sie eigentlich sind. Und das ist definitiv ein Aspekt, der verdammt gut ausgearbeitet wurde. Auf den ersten Blick erscheinen die Schönen und Reichen perfekt, sympathisch und man lässt sich nur zu gern blenden. Es wird allerdings relativ schnell klar, das Oberflächlichkeit und Perfektion alles ist, was zählt. Die Frage ist: Wie gut kennst du deine Freunde wirklich? Und würdest du Ihnen dein Leben anvertrauen? Der Schreibstil der Autorin hat mir wirklich gut gefallen. Eindringlich und intensiv, wobei sie sehr detailliert schreibt, was mich manchmal tatsächlich etwas überfordert hat. Ebenso toll haben mir die unterschiedlichen Zeitebenen gefallen. Denn es spielt vor Amandas Tod und danach, bis sie schlussendlich zusammenlaufen. Auf diese Art und Weise kann man vieles sehr gut nachvollziehen und vor allem die zwischenmenschlichen Aspekte sind dadurch sehr gut spürbar. Aber je weiter man kommt, umso berührender ist auch Amandas Geschichte, die komplett aus Einsamkeit und Schmerz zu bestehen scheint. Mir ging sie wirklich sehr nah, weil sie einfach nicht in diese perfekte Welt hineinzupassen schien. Sie ist so verletzlich und nirgends ist ein Anker, der sie zu erden vermag. Aber nicht nur Amanda hat ihr Päckchen zu tragen. Auch alle anderen haben Geheimnisse die nicht ans Licht kommen dürfen. Die Autorin baut dabei richtig elegante Twists ein, die mich definitiv überrascht und erschüttert haben. Denn hier ist rein gar nichts, wie es scheint. Selbst dem Antagonisten muss man Respekt zollen. Überheblichkeit, Manipulation und fehlende Empathie. Anders ist das einfach nicht erklärbar. Und doch hat er mich mit seiner Wahnhaftigkeit ziemlich überrascht. Zudem webt die Autorin hier Wendungen ein, die dem Ganzen eine völlig neuen Blickwinkel verschaffen und den Handlungsverlauf sehr nervenaufreibend gestaltet haben. Besonders im letzten Drittel des Buches überschlagen sich die Ereignisse förmlich und man weiß gar nicht, was man glauben soll. Die Auflösung hat mich definitiv sprachlos gemacht. Denn damit hab ich überhaupt nicht gerechnet. Zudem die Autorin immer wieder geniale Twists einbaute, die alles im Bruchteil einer Sekunde veränderten. Alles was du zu glauben meinst, ist nicht mehr da, es offenbart sich eine Wirklichkeit die Grenzen überschreitet und das absolute Grauen offenbart. Auch der psychologische Aspekt bleibt nicht außen vor, womit die Autorin aber auch aufzeigt, was Traumata aus Menschen machen können. Mir es in der Seele wehgetan, weil es so entsetzlich, so erschütternd und unfassbar beklemmend war. Die Seele ist so tief verwundet, dass sie sich mit dem schützt, was übrig bleibt. Für mich definitiv ein herausragender Psychothriller, der zwar eine kleine Durststrecke aufweist, danach aber richtig Fahrt aufnimmt. Fazit: Wenn Perfektion alles ist, was zählt. “Eine perfekte Ehe” von Kimberly McCreight ist ein Psychothriller, der etwas braucht um in Fahrt zu kommen. Dann aber mit eleganten Twists nur so punktet. Eine perfekte und oberflächliche Welt, die merklich Risse bekommt und einige Unzulänglichkeiten ans Licht bringt. Ein nervenaufreibender und intensiver Thriller, der mit ernsten Themen aufwartet und gerade deswegen auch so berührt. Absolut empfehlenswert. Auch wenn man etwas Durchhaltevermögen mitbringen muss.