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„...Wenn ein Politiker seinen Kontrahenten die Worte im Mund genauso herumdrehte wie eben die Bemerkung seiner Frau, war er mir nicht geheuer...“ Linn hat nach der Trennung von ihrem Mann einen neuen Wohnort in Kanada gesucht. Nach Deutschland wollte sie nicht zurück. So landet sie in Kitchener-Waterloo. Im Internet findet sie ein Jobangebot. Heute nun ist ihr erster Arbeitstag als Aushilfe in der deutschen Bäckerei Hansel & Pretzel. Er sollte allerdings anders verlaufen als erwartet. Am Müllcontainer hinter der Bäckerei findet sie eine Tote, die bekannte Stadträtin Sidney Stark. Neben ihr liegt eine Nussecke. Die Autorin hat einen abwechslungsreichen und spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Frau Stadträtin hat eine Menge Feinde, da sie selbst gern sprichwörtlich über Leichen ging und das Wort Rücksichtnahme nicht zu ihrem Wortschatz gehörte. Alle haben eine gutes und nachvollziehbares Motiv. Der Fall landet bei Kommissar van de Groot. Den Mann würde Linn nicht von ihrer Bettkante stoßen. Der Schreibstil des Buches ist vielschichtig. Die Personen werden sehr gut charakterisiert. Orte werden ausführlich beschrieben, ohne sich in Kleinigkeiten zu verlieren. Der Autorin gelingt es ausgezeichnet, das internationale Flair der kanadischen Stadt zu vermitteln. Das beginnt schon bei der Zusammensetzung von Linns WG. Neben Bryan, dem Vermieter, gehört dazu auch Igor, ein Russe. Zur Verwandtschaft des deutschen Bäckers Rainer gehört ein Italiener. An vielen Stellen zeigt sich, dass die Autorin die Verhältnisse genau kennt. So werden in die Handlung immer wieder kanadische Eigenheiten eingeflochten. Der Unterschied zwischen deutscher und kanadischer Mentalität kommt besonders dann zum Tragen, wenn die Leute auf Linns Bemerkungen anders reagieren als erwartet. All diese Fakten sind geschickt in die Geschichte integriert und passen zum Handlungsablauf. Einige Dinge aber sind international: die Neugier der Menschen und ihre Klatschsucht. Eine Spur Sarkasmus, wie obiges Zitat zeigt, und eine gehörige Portion Humor zeichnen das Buch aus. Dafür hat die Autorin ein besonderes Stilmittel gewählt. Ihre Protagonistin Linn wird innerlich von zwei Stimmen beeinflusst -Engelchen und Teufelchen. Ihre Dialoge sind köstlich. Erstaunlicherweise gibt es sogar Situationen, wo sich die beiden einig sind. Die eigentliche Ermittlung der Polizei wird oft nur kurz mitgeteilt. Wichtiger sind die Erkenntnisse, die Linn gewinnt. Ob in der Bäckerei oder bei anderen Veranstaltungen, für den Klatsch der Leute hat sie ein offenes Ohr. Hier sollte man als Leser sehr aufmerksam sein, denn diese Gespräche führen zwar oft in die Irre, enthalten aber manchmal das eine oder andere Bröckchen, was für das Mitdenken und Miträtseln und die Lösung des Falles sehr nützlich ist. Als besondere Zugabe befinden sich zwischen den Kapiteln einige Rezepte für leckere Backwaren. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag nicht nur an der humorvollen Geschichte und den aufgelockerten Schriftstil, sondern auch an den tausend kleinen Informationen über das Leben in Kanada.