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1896, Ambrosius «Old Spur» Morgan ist ein Cowboy alter Schule. Ihn plagen sein Rücken und seine Gelenke, die Arbeit ist hart. Und die Zeiten haben sich geändert. Viehweiden werden mit Stacheldraht eingezäunt, die freien Cowboys sterben aus, sind «zu Schäferhunden» mutiert. Bald wird die Eisenbahn die Rinder transportieren, Wildwestshows will niemand mehr sehen, für Büffelfell interessiert sich niemand mehr. Da erhält Morgan einen Brief, der sein Leben komplett umkrempelt. Er erfährt von seiner Tochter Liza Jane, die ihm die Mutter 21 Jahre verschwiegen hat. Aber nun wird sie an der mexikanischen Grenze vermisst. Die Mutter bittet Ambrosius, sich auf die Suche nach dem Mädchen zu machen. Aus dem Tiefschnee von Noth Dakota aus macht er sich auf den gefährlichen Weg. Wölfe, Banditen, Pistoleros, der Weg durch Prärie und Wüste – wochenlang, monatelang ist er unterwegs – Spätwestern-Oneshot. Als er fast am Verdursten ist, hilft ihm ein geisterhafter Apachenjunge. Ist er ein Gost Kid, eine Erscheinung seines wirren Kopfes? Irgendetwas ist mit seinen Augen, er kann nicht mehr richtig sehen. Der Junge begleitet ihn weiterhin, irreal, aber immerhin rettet er ihm anscheinend mehrfach das Leben. Ambrosius ist sich nicht sicher: Existiert dieser Junge oder nicht? Cowboys und Ureinwohner, Schießereien und die endlose Prärie, Wüsten, Tiefschnee im Norden. Ein Farbenspiel durch alle Landschaften. Eine Zeit des Umbruchs, aber auch eine Zeit, in der nicht jeder überlebt, ein Land voller Gesetzloser. Morgen weiß, dass er nicht immer ein guter Bürger war – auch die Frauen hat er gern sitzengelassen. Und wie er nun erfährt, ist er sogar Vater. Etwas wird von ihm zurückbleiben. Die Tochter, die er nie gesehen hat, ist in Gefahr. Schuldgefühle – er will wieder gutmachen, was er als junger Mann verbockt hat. Ein Western-Hero im alten Stil von Hollywood, einer, der mit seiner Pistole trifft (auch fast blind), während alle anderen danebenschießen oder langsamer sind. Grafisch gibt es fein gezeichnete Landschaften zu sehen, sogar die ersten Ölbohrtürme ragen in die Landschaft. Skurrile Typen, teils detaillierte Bilder, andere lösen sich fast auf, scheinen sich zu bewegen. Tiburce Oger arbeitet viel mit Licht und Schatten, was er wirklich gut beherrscht. Kälte ist spürbar, aber auch sirrende Hitze. Schmutziger Schneehimmel, düstere Innenräume, regenverhangener Himmel, klares blau, endloser Sternenhimmel der Prärie in kräftigem Nachtblau; zu rotem Stein azurblauer Himmel, Sonnenuntergang, staubige Städte, die wahnsinnig schönen Himmelsfärbungen an der mexikanischen Grenze, ein besonderes Licht – das alles hat Tiburce Oger sehr authentisch eingefangen, ein Augenschmaus. Eine Graphic Novel, die wendungsreich ist und spannend. Ein feiner Comic.