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Der Marktstand Caspar Plautz auf dem Viktualienmarkt in München ist wegen seiner Kartoffelvielfalt beliebt. Dazu gehört ein kleiner, aber feiner Imbiss, der mittags im Mittelpunkt seiner Gerichte die Kartoffel würdigt. Caspar Plautz war ein österreichischer Benedektinermönch, der bereits 1621 ein Kartoffelkochbuch schrieb. Man nennt sie auch Erdapfel, Grumbiere, Bauerntrüffel, Potaten, Bumser. Die Kartoffel selbst unterteilt sich in Sorten: Edzell Blue, Rosa Tannenzapfen, Rote Emmalie, Allians, Naglerner Kipfler, La Ratte, La Bonnotte, Cherie, Miss Blush, Purple Rain, Blauer Schwede; oder Bekanntes wie Linda, Bamberger Hörnchen, Gunda, Bintje, Mecklenburger Schecke usw. Dieses Kochbuch lässt uns die Kartoffel neu begreifen und bringt sie mit modernen Rezepten auf Hochglanz. Die alten Sorten waren eine Weile in Vergessenheit geraten, heute gibt es eine Menge Züchter, die sich wieder der Kartoffel widmen, die alten Sorten auf den Markt bringen. In Deutschland «stehen ci. 250 Kartoffeln im Sortenverzeichnis. Weltweit spricht man von über 4000 Sorten.» Vorn gibt es einen Kartoffelkalender, eine Tabelle, auf der man ablesen kann, welche Sorten, wann geerntet werden. Salzkartoffeln oder Pellkartoffeln? Wichtig ist sanftes Garen, der Geschmack entfaltet sich am besten beim Dämpfen, aber auch als Pellkartoffel – dem ich nur zustimmen kann. Nach feiner Warenkunde geht es zur Zubereitung. Welche Art des Garens gibt es? Püree, Bratkartoffeln, Ofenkartoffeln ... Grundrezepte wie zu zu Kartoffelsalat, Püree und Knödel. Weil es ja nicht DIE Kartoffel gibt, werden die Kartoffelsorten zu verschiedenen Zeiten geerntet (Frühjahr und Herbst). Die Rezepte sind aus diesem Grund nach Jahreszeiten zusammengestellt, mit saisonalen und regionalen Lebensmitteln kombiniert. Zum Ende gibt es Grundrezepte zu Toppings und Saucen, wie z.B. div. Öle und Butter, Mayonnaise, Pickles, Saucen, die in Rezepten erwähnt werden – mit Verweis. Neben bekannten Kartoffelrezepten wie Puffer (Reibekuchen, Reiberdatschi), Schupfnudeln, Gnocchi, Knödel, Kartoffelsalat, Bratkartoffel, Marillenknödel, Kartoffelgratin, Kartoffelsuppe usw. gibt es bekannte traditionelle Rezepte wie Frankfurter Grüne Soße an Kartoffeln und Ei, Szegediner Gulasch, Raclette, Tortilla, Aligot. Aber wenn hier einer meint, das wäre ein Traditionskochbuch, dann liegt er völlig falsch! Hier wird die Kartoffel international ins Licht gerückt und fantasievoll aufgetischt! Leider – man hat auf seinem Markt, in seinem Supermarkt, nicht 250 Sorten vorrätig – wird zu jedem Rezept meist nur eine Kartoffelsorte empfohlen, hin und wieder auch gängige Alternativen, doch eben nicht genug. Mein Gemüsehändler ist gut bestückt – aber Kartoffeln hat er nur zwei Sorten (fest und mehlig), im Supermarkt finde ich circa fünf bis sieben Sorten. Die Vielfalt ist groß, nur wo bekomme ich die Kartoffeln her, wenn ich regional, bio, saisonal, nachhaltig einkaufe – also nicht per Internet. Nicht jeder wohnt in einer gut sortierten Großstadt. Hier hätte ich mir bei den Rezepten mehr Alternativen als Angabe gewünscht. Ebenso fehlt das übliche A-Z – Register am Ende des Buches. Es gibt ein Schlagwortregister nach Zutaten wie Käse, Gurke, Tomate, Spargel usw. und kein Klassisches nach Püree, Ofenkartoffeln, Gratin, Suppe usw., und eins, das nach mehlig, festkochend, mittel, die Rezeptseiten aufführt, was dann entschädigt. Diese Jungs sind Kartoffel-Nerds, fantasievoll und mit Herz dabei. Das spricht aus jedem Rezept. Warum eigentlich immer Pasta? «Bratkartoffeln mit Alicorne, Barba die frate (Mönchskraut) und Wachsei», «Caponata mit Trauben-Sellerie-Salat», «Polpo e Patate», «Vitello Potato», «Rosmarin-Kartoffel-Focaccia» typisch italienisch mit Kartoffeln kombiniert. Wie wäre es mit einem französischen «Aligot mit Apfelsenf und Haselnusskrokant» oder einen sättigen «Salat Niçoise»? Die spanische Tortilla wird mit Fenchel und Spargel aufgepeppt, man findet den «Doro Wat», eine afrikanische Hühnersuppe. «Nikujaga», ein japanisches Rindergericht, «Spargel mit Miso-Hollandaise und Zitronenkartoffeln», «Japanischer Kartoffelstampf mit Teppichmuscheln, Sake und Sesam», oder indische Varianten wie «Aloo Gobi», ein vegetarisches Schmorgericht, «Süßkartoffelsuppe mit Erdnüssen, Chili und Kaffirlimettenblättern», «Massaman Curry mit Huhn» – die Kartoffel hat überall Platz. Auch die arabische Küche kommt nicht zu kurz: «Shakshuka à la Casper, Humus, Ei, Bratkartoffeln», «Lammhackfleisch, Harissa, Minze, Labneh und Süßkartoffeln aus dem Ofen», «Artischocken mit Minzöl auf Kartoffelpüree», «Zough-Kartoffeln mit Kräuterlamm und Rhabarberkompott». Die Kartoffel erobert im Caspar Plautz die Welt. Der Erdapfel ist wendig, anpassungsfähig, geschmacklich variabel. Das ist ein wirklich exzellentes Kochbuch, das der Kartoffel eine feine Note gibt: vielseitig verwendbar. Es zeigt, wie die moderne Küche sich Ideen aus aller Herren Länder greift, sie neu kombiniert – wunderbar harmoniert. Die Rezepte sind einfach, gut nachzukochen und die meisten Zutaten sind in jedem Supermarkt erhältlich (bis auf die vielen Kartoffelsorten). Von traditionell zu Weltküche – vegetarisch zu Fisch und Fleisch – hier findet jeder seine Lieblingskartoffelgerichte. Kay Uwe Hoppe, geb. 1994, Kochlehre in München, danach Koch u.a. im Restaurant »Gabelspiel«, begeisterter Basketballspieler. Dominik Klier, geb. 1988, Studium der Soziologie, danach Projektmanager bei einem Privatsender, passionierter Radler. Theo Lindinger, geb. 1987, gelernter Goldschmied, Nebentätigkeit in Münchner Szene-Restaurant, leidenschaftlicher DJ.