stefan182
Inhalt: Eine Reihe von brutalen Morden hält die Stadt Grubingen in Atem. Zwar erkennt das Ermittlerteam um den Kriminalhauptkommissar Markus Penning schnell ein Muster: Der Täter scheint es auf Tierquäler abgesehen zu haben. Doch damit sind - gerade für Penning - noch nicht alle Probleme gelöst. Durch einen traumatischen Vorfall in der jüngsten Vergangenheit ist er psychisch nicht stabil, wird geplagt von Blackouts – und findet sich an fremden Orten wieder. Langsam keimt ein Verdacht in ihm. Ist er der Tierrächer? Persönliche Meinung: „Totentier“ ist ein Psychothriller mit Horrorelementen von Nicole Siemer. Erzählt wird der Thriller aus der Perspektive von Markus Penning, der Züge eines Antihelden besitzt. Er ist durch einen schweren Verlust im familiären Umfeld – für den er sich selbst die Schuld gibt – gebrochen, psychisch labil und dem Alkohol verfallen. Sein einziger Lichtblick sind seine beiden Haustiere, ein Hund und eine Katze, um die er sich aufopfernd kümmert. Penning ist insgesamt durch eine charakterliche Ambivalenz gekennzeichnet, wodurch er eine interessante Ermittlerfigur ist. Nicht weniger interessant ist die Figur des Täters. Dieser versteht sich als Rächer der Tiere, weshalb er einen besonderen Modus Operandi besitzt. Ohne zu viel ins Detail gehen zu wollen: Er dreht gewissermaßen den Schmerz, den die Tiere durch ihre Peiniger verspürt haben, um und richtet ihn auf das jeweilige Opfer. Mit brutalen Szenen wird dabei nicht gegeizt. Außerdem besitzt der Thriller einen schönen Spannungsbogen, was besonders mit Pennings Blackouts zusammenhängt. Oft fragt man sich - gemeinsam mit Penning -, ob er (unbewusst) der Mörder ist. Dadurch, dass Penning sich selbst nicht traut, können ihm auch die Leser_innen nicht wirklich vertrauen, sodass die Erzählsituation von Unzuverlässigkeit geprägt ist. Oftmals stellt sich dabei erst im Nachgang heraus, ob ein Ereignis der Einbildung Pennings entsprungen ist oder ob sie doch real war, wodurch wiederum Spannung in die Handlung kommt. Die Handlung ist zudem überraschend und wendungsreich, wobei die Überraschungsmomente besonders zum Ende hin stark zunehmen und etwas zu rasch erzählt werden, wodurch ihr Effekt für mich geschmälert wurde. Neben dem Handlungsstrang, der sich um die Ermittlungsarbeit dreht, gibt es einen weiteren Handlungsstrang, der stärker das Privatleben und die Familie von Penning thematisiert. Beide Handlungsstränge halten sich schön die Waage und besonders der Privatleben-Handlungsstrang führt dazu, dass Penning eine größere Tiefe erhält. Der Schreibstil von Nicole Siemer ist sehr anschaulich und lässt sich gewohnt flüssig lesen. Insgesamt ist „Totentier“ ein spannender Thriller mit einem originellen Mörder und einer überraschenden Handlung, die sich aber zum Ende hin etwas zu sehr überschlägt.