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mabuerele

Posted on 4.9.2021

„...In der Richtung von Arians Finger lag ein herrschaftliches Gebäude mit zwei Türmen neben einem weitläufigen Bauernhof….“ Becky hat mit ihrem kleinen Sohn Lübeck verlassen, um ins Schloss ihrer Vorfahren ins Schweizer Solothurn zurückzukehren. Das Schloss muss allerdings gründlich renoviert werden. Dabei wird im Keller die Leiche einer jungen Frau hinter einer Mauer gefunden. Der Autor hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Darin eingebunden ist ein Stück Schweizer Geschichte. Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er sorgt unter anderen für den hohen Spannungsbogen. Die Handlung wir in zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen darf ich in der Gegenwart an Beckys Ermittlungen teilnehmen, zum anderen erfahre ich, was in dem Jahr 1940 geschehen ist. Die junge Frau wurde 1940 oder 1941 erschossen. Damit ist der Fall in der Schweiz verjährt. Es wird keine Ermittlungen von Seiten der Polizei geben. Das erklärt Feldweibel Dominik Dornach Becky. Er ist ihr neuer Nachbar. Seine achtjährige Tochter freundet sich schnell mit dem zehnjährigen Adrian an. Wie die Kinder auf den Fund der Toten reagieren, liest sich so: „...Pia war ihm dicht auf den Fersen. „Stopp, ihr beiden! Wo wollt ihr hin“ „Wohin wohl?“, sagte Adrian. „In den Keller.“ „Wozu?“ „Die Leiche sehen.“...“ Pia erweist als altkluge junge Dame, die genau weiß, was sie will. Sehr interessant fand ich das historische Geschehen im Jahre 1940. Dort treffe ich Emma. Sie arbeitet in der Waffenfabrik von Beckys Großvater, Herrn von Colberg. Der ist Deutscher, und er produziert auch für Deutschland. Wie er wirklich zu den Nazis stand, erkennt man in der Geschichte relativ spät. Er ist erfahren genug, Sein und Schein auseinander zu halten. Emma ist aufgeschlossen und politisch interessiert. Der folgende Satz hat mich sehr überrascht, da ich immer der Meinung war, dass die Neutralität der Schweiz nie infrage stand. „...Hitler hat die Schweiz im eisernen Griff...“ Becky will genauer wissen, was 1940 passiert ist. Sie ahnt nicht, dass sie damit in ein Wespennest stochert und sich und ihren Sohn in Lebensgefahr bringt. Nicht jeder möchte, dass die Vergangenheit aufgedeckt wird. Nur gut, dass sie sich in jeder Situation auf Dominik verlassen kann. Dominik ist in seinem Beruf sehr akribisch. Im Privatleben wechselt er gern einmal die Freundin. Mit Pias Mutter ging es gar nicht. Die beiden sind wie Feuer und Wasser. Ab und an gibt es zwischen Becky und Dominik auch amüsante Szenen. Dabei wird der Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz thematisiert. Becky lädt Dominik zum Essen ein. „...“Bei meiner Behörde gibt es auf Einladungen eine simple Regel. Wir dürfen alles annehmen, was wir auf einmal verzehren können.“ Becky grinst. „Pragmatisch. Ich wage zu bezweifeln, dass deutsche Beamte in der Lage sind, derart einfache Regeln aufzustellen.“...“ Im Strang der Vergangenheit treffen immer wieder diejenigen aufeinander, die für einen Anschluss der Schweiz an Deutschland sind, und diejenigen wie Emma, die konsequent dagegen sind. Gerade bei den Beamten ist es allerdings schwer, das wirkliche Gedankengut einzuschätzen. Zu den beeindruckendsten Gesprächen gehört der Dialog zwischen Pia und Becky. „...Ich glaube nicht, Dass wir unsere Kinder auf längere Sicht in Formen pressen können, die wir uns für sie ausdenken. Sie sind uns von der Vorsehung nicht zu Eigentum gegeben, sondern nur in Obhut, damit wir ihnen helfen können, ihren Weg zu finden...“ Wenige Minuten vorher hatte Pia ihre Mutter zur Weißglut gebracht. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich habe eine Menge über die Schweizer Geschichte gelernt. Gleichzeitig hat es der Autor verstanden, mich bei der Auflösung der Geschehnisse gekonnt zu überraschen.

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