Marcus Jordan
...ein merkwürdiges Leseerlebnis. Aber um es vorwegzunehmen - ich könnte es nicht unumwunden weiterempfehlen. Vieles hat mir gut gefallen. Schöne Details, interessante Infos und Anekdoten - ich meine, das wollte man ja schließlich immer schon wissen, dass Menschen durch eine Reaktion auf ein Antibiotikum ein Pilz im Magen wachsen kann, der jedes Gramm Zucker sofort in Alkohol verwandelt, so dass sie ständig betrunken sind. Eine interne Brauerei sozusagen. Das buch ist auch, mindestens immer wieder spannend und ich habe die 600 Seiten zu Ende gelesen. Aber am Ende habe ich es doch unbefriedigt weggelegt. Wäre es ein Album, würde ich sagen: sehr hohes kreatives Potential, aber schlecht produziert. Das ist dann vielleicht ein Vorwurf an den Lektor? Dinge, die einfach zweimal erzählt werden, unschlüssige Zeitangaben und so was. Aber dann finde ich doch, dass Woelk schlicht die Gäule durchgegangen sind. Er verhebt sich z.B. deutlich daran, die Gedankenwelt eines traumatisierten, weiblichen Teenagers im Detail wiederzugeben und ordnet der Figur Gedankengänge und Formulierungen zu, die ich völlig unglaubwürdig, unwahrscheinlich und hölzern fand. Er versteigt sich in erstaunliche Detailbetrachtungen - manchmal schlüssig und interessant, manchmal aber langatmig und irgendwie "nerdy". Und dann auch wirklich drüber: jemand rechnet einen sechsstelligen DM-Betrag mit Pfennigen aus, der er für ein Studium benötigt (Fragezeichen!) und den er nicht hat und gewinnt dann genau den Betrag im Lotto...wtf?! Das fand ich wirklich cheezy und hätte das Buch beinah da beendet. Also wie soll ich sagen...? Da war einfach mehr drin. Vielleicht wäre sogar ein richtig großer Roman drin gewesen.