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mabuerele

Posted on 2.9.2021

„...Um zu verstehen, woraus sich die arabische Identität speist – die ja bei aller Uneinigkeit und Differenz zwischen den Arabern der Anlass dafür ist, dass sie das Traumgespinst von politischer Einheit wahrzumachen versuchen – müssen wir darum auf ihre Sprache hören und weit in die Zeiten vor der Entstehung des Islam zurückgehen...“ Diese Worte stammen aus einem Sachbuch, dass von den Anfängen bis zur Gegenwart die Geschichte der Araber untersucht und darlegt. Dabei ziehen sich zwei Schwerpunkte wie ein roter Faden durch das Buch. Das ist zm einen die Entwicklung der Sprache, zum anderen der Gegensatz zwischen Sesshaften und Beduinen. Der teilweise sachliche und stellenweise fast poetische Schriftstil verlangt viel Aufmerksamkeit. Das ist mit Sicherheit kein Buch, das man am Stück hintereinander liest. Ich möchte mich in meiner Rezension auf wenige Schwerpunkte konzentrieren und die mit Zitaten belegen. „...Trotz des erheblichen Unterschiedes sollte inzwischen klar sein, wie falsch es ist, die „arabische Geschichte“ mit dem Islam oder den „Arabern“ anfangen zu lassen. Das Fundament der Geschichte bilden die Südaraber, die sich in ihrer Blütezeit nie auch nur entfernt als Araber betrachteten...“ Der Autor geht weit zurück bis ins Jahr 900 vor Christi. Er zeigt die geografischen Besonderheiten auf und legt dar, welche Völker und Stämme in der damaligen Zeit existiert haben. Schon damals bilden sich in den bewässerten Teilen sesshafte Völker heraus, während in der Wüstengegend das Nomadentum überlebenswichtig war. „...Ihre semitischen Wurzeln einten sie, doch die semantischen Verzweigungen trennten sie...“ Einer der Schwerpunkte ist die Entstehung der Schrift, bevor sich der Autor dann dem Islam zuwendet. Ausführlich werden Kriege und Konflikte beschrieben. An vielen Stellen zitiert der Autor Originaldokumente und zeigt damit die Vielfalt des kulturellen Lebens auf. Dem haben auch die dauernden Kämpfe nur selten geschadet. Was dabei aber geändert hat, ist die Sprache. Hocharabisch war nie die Sprache aller Araber und doch war sie das verbindende Glied. Mohammed nutzt die Schrift . „...Worauf es im Koran ankommt, ist nicht das, was er sagt, sondern wie er es sagt. Es ist nicht die Logik, die zählt, sondern die Magie...“ Es folgen Jahre des Aufstiegs und des Niedergangs. Die Ausbreitung des Islam bis nach Spanien und der kulturelle und wissenschaftliche Aufstieg der arabischen Welt sind begleitet von Kriegen und Auseinandersetzungen. Die Vermischung verschiedener Stämme und dem Auf und Ab der Entwicklung gibt der Autor viel Raum. Der folgende Satz scheint für die arabische Welt gjundlegend zu sein. „...Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen...“ Dabei arbeitet der Autor unter anderen zwei Punkte heraus, die nun entscheidend für die weitere Entwicklung waren. Das ist zum einen der Überfall der Mongolen, zum anderen die Erfindung des Buchdruckes. Letzteres war für die arabische Schrift ein Desaster. Interessant fand ich, wie weit sich arabische Begriffe über andere Kontinente verbreitet haben. Ausführlich beschäftigt sich der Autor mit der jüngeren Vergangenheit. „...Die imperialen Linienzieher haben in dieser Hinsicht eine Menge zu verantworten...“ Gerade dieser Satz wird von ihm mit vielen Beispielen unterlegt. In dieser Gegend der Welt zählen eben nicht in erster Linie Völker, sondern Stämme. Die Spuren der Vergangenheit sind heute noch tief verwurzelt. Und das sorgt für Gegensätze, statt für Einheit. Das kann man auch sehr poetisch formulieren: „...Zeit lässt sich als Sanduhr betrachten, aber ebenso als Ziehharmonika – eine, die Variationen sehr alter Motive spielt...“ Was mich sehr überrascht hat, ist der äußerst kritische Blick des Autors auf Israel und seine Stellung in diesem Teil der Welt. Ein inhaltsreiches Nachwort, mehrere Karten und ein umfangreicher Anhang ergänzen das Buch. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat meinen Blick für einen Teil der Geschichte geschärft. Gerade aus dem Geschehen der letzten Tage heraus möchte ich meine Rezension mit einem dazu ausgewählten Zitat beenden, über das man durchaus kontrovers diskutieren kann: „...Freiheit kann niemand gegeben werden; Freiheit nimmt man sich, und jeder ist so frei, wie er will...“

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