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kingofmusic

Posted on 2.9.2021

Ekelhaft intensiv Während und (mittlerweile) nach der Lektüre von „Das zweite Leben des Adolf Eichmann“ von Ariel Magnus (erschienen 2021 im Kiepenheuer & Witsch-Verlag; Übersetzung: Silke Kleemann) rollen sich mir bei vielen (oder besser gesagt: allen!) der im Buch genannten menschenverachtenden Äußerungen und Gedanken Eichmann´s die Zehennägel hoch. Ariel Magnus ist ein Fuchs: die geneigte Leserschaft KANN gar nicht anders, als Ricardo Klement alias Adolf Eichmann zu HASSEN, seine Taten, seine Gedanken zu VERABSCHEUEN und diesem Verbrecher das Menschsein abzusprechen. Wie Magnus das schafft? Indem er den Roman über Eichmann´s Zeit in Argentinien aus der Sicht von Eichmann schreibt. Die Leserinnen und Leser finden sich direkt in dessen krankem Hirn wieder und erleben hautnah, wie er in Selbstmitleid zerfließt („Ich habe doch nur Befehle ausgeführt und hatte immer nur Pech in meinem Leben.“ – armes Puttputt *Sarkasmus aus*) und gleichzeitig keinen Nanomillimeter von seinen ekelhaft menschenverachtenden Prinzipien abweicht. Da nützen auch die gelegentlichen Hinweise darauf, dass Eichmann mit inneren Dämonen mit Hilfe von Alkohol kämpft, nicht, diesen „arbeitslosen Deportologen“ in irgendeiner Art und Weise zu mögen bzw. seine Handlungen zu verstehen oder zu tolerieren. Im Lauf der Handlung trifft man noch andere Nazi-„Größen“ wie Josef Mengele – Argentinien war ja das Mekka für untergetauchte Menschenfeinde; warum man solchen Verbrechern überhaupt Unterschlupf gewährt hat – keine Ahnung, was sich der damalige Präsident Juan Peron davon versprochen hatte. In einem Quasi-Nachwort erzählt Ariel Magnus den Leserinnen und Lesern von seiner Intention hinter diesem Buch; es ist ein Buch für seinen Vater, der Eichmann abgrundtief gehasst hat und der ihm mit auf den Weg gegeben hat, kein einziges gutes Haar an ihm zu lassen. Nun, das ist Ariel Magnus meiner Meinung nach großartig gelungen. Außerdem hat er umfangreiche Recherchen betrieben, die man dem Roman unbedingt anmerkt und durch die diese fiktionale (Teil-)Biografie umso realer wirkt. Ich habe nämlich keinerlei Zweifel daran, dass die geäußerten kranken Gedanken Eichmanns zu 100% echt sind, was den Gänsehaut- und Ekelfaktor bei diesem Buch noch erhöht. Durch die von Eichmann „kopierte“ komplizierte Ausdrucksweise ist das Buch nicht leicht zu lesen; trotzdem sollte die geneigte Leserschaft sich nicht scheuen, sich in die kranke Gedankenwelt von Adolf Eichmann einzulesen. Es ist ein Buch gegen das Vergessen, gegen die Wiederholung solch irrsinniger Verbrechen, die die Nazis begangen haben. Unbedingte Leseempfehlung und daher glatte 5*! ©kingofmusic

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