Buchdoktor
Ernst Gennat (1880-1939) war als erfolgreicher Mordermittler der Berliner Kriminalpolizei eine Legende. Judith und Christian Vogt stellen der historischen Figur eine inoffizielle Arbeitsgruppe für Magie an die Seite, in der u. a. die Physikerin Nike Wehner tätig ist. Die Magie-Beratung ist raffiniert eingefädelt; denn die Spezialisten haben keine Polizeibefugnisse und ihre Erfolge könnten sich theoretisch die etablierten Ermittler ans Revers heften. Dem schlitzohrigen Gennat traue ich ohne Weiteres zu, dass er mit seinen Magiebeauftragten für kommende antisemitische Verschwörungstheorien gerüstet sein und seinen eigenen Thinktank bereithalten wollte. Das Team bekommt es mit unheimlichen Vorgängen im Windschatten von Bauindustrie und Grundstückspekulation zu tun, als eine Frau in eine Marmorfigur verwandelt wird. Tod durch Baumaterial quasi. Spätestens, als ein weiterer Toter sich als Nachlassverwalter von Rosa Luxemburg herausstellt, kann Versteinerung als Mordmethode nicht mehr als Zufall abgetan werden. In der Szene der Kessen Väter, Transvestiten und Voyeure der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts lassen Vogt&Vogt interessante Figuren auftreten. Über Nikes Entwicklung vor dieser Handlung hätte ich gern mehr erfahren; das Lektorat könnte größeres Augenmerk darauf richten, dass sich keine Modernismen in Dialoge eines historischen Settings einschleichen. Insgesamt: Eine intelligenter, flotter Mix aus Gennatscher Genialität und kultigem Peter Grant.