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gachmuret

Posted on 25.8.2021

Murakami Haruki wurde hierzulande vor allem als Romanautor bekannt. Und so sehr ich seine Romane auch zu schätzen weiß: Ich finde ihn in seinen Erzählungen noch stärker. In der Sammlung »Erste Person Singular« kehrt er zu diesem, seinem ureigenen, Genre zurück - und brilliert. In den Erzählungen ist die Wirklichkeit immer um ein kleines Stück verschoben, ein Moment, ein Gegenstand, ein Mensch - irgendetwas ist immer ein klein wenig anders als gewohnt. Und diese kleine Phasenverschiebung verändert alles. Da erfindet zum Beispiel ein junger Schriftsteller aus einer Laune heraus eine Jazz-Platte, die es gar nicht geben kann - nur um sie Jahre später in einem Plattenladen zu finden, ehe sie wieder verschwindet. Ein anderer wird zu einem Konzert eingeladen, das gar nicht stattfindet, von dem niemand weiß und landet stattdessen auf einer Parkbank mit einem abstrakten Rätsel. Und vielleicht ist das überhaupt die Quintessenz von Murakamis magischem Realismus: Wir können uns unserer Welt nie ganz sicher sein, denn wer weiß - hinter der nächsten Ecke steckt vielleicht eine ganz andere.

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