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mabuerele

Posted on 21.8.2021

„...Das Geschäft brummte, obwohl Götz aufgrund seines Sitzes im Stadtrat weniger Zeit hatte, im Verkaufsraum zu stehen. Als hätten diese Überlegungen ihn angelockt, betrat in diesem Moment ein Käufer den angrenzenden Raum, begleitet vom Bimmeln des Glockenspiels über der Tür...“ Der Fremde namens Martin Groß gehört zu den ältesten Patriziergeschlechtern der Stadt. Noch ahnt Olivera nicht, dass sie sich mit dessen Ankunft erhebliche Probleme ins Haus holt. Die Erkrankung seiner Tochter setzt ein Räderwerk in Gang, das bald nicht mehr zu stoppen ist. Die Autorin hat erneut einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er unterstützt die spannende Handlung. Olivera findet ein Kind vor, da von Krämpfen geschüttelt wird. Ihre Medizin kann nur kurzzeitig lindern, nicht helfen. Auch der Arzt Matthäus findet keine Lösung. Als das Mädchen im Beisein eines Geistlichen stirbt und weitere Kinder erkranken, kommen erste Gerüchte auf, dass die Kranken vom Teufel besessen sind. Der städtische Rat beschließt, beim Bischof nach einem Teufelsaustreiber anzufragen. Währenddessen geht Olivera einer Information nach, die eine Magd bei Martin Groß geäußert hat. Zwar kennt sie die Krankheit mit einem ganz anderen Erscheinungsbild, aber in den Schriften ihrer Großmutter findet sie den Hinweis, dass die sogenannte Brotseuche zwei Gesichter hat.Sie probiert das angegebene Heilmittel bei einem Jungen im Spital aus. Außerdem verdichten sich die Hinweise, woher die Krankheit kommt und bei wem sich die Kinder angesteckt haben. Doch der Rat ist blind und taub. Er setzt in seiner Mehrheit auf Teufelsaustreibung. Der Arzt resigniert: „...“Es ist unglaublich“, knurrte er. „Man sollte meinen. Es gäbe mehr kluge Köpfe in der Stadt.“...“ Götz verlangt von Olivera, sich herauszuhalten. Sie könne zwar die Kranken weiter behandeln, solle aber nicht ins Schussfeld des Rates geraten. Schnell könnte sie der Ketzerei bezichtigt werden. Sehr genau werden die gesellschaftlichen Verhältnisse in Nürnberg beschrieben. Der Aberglaube nimmt überhand und zwar in allen Kreisen. Vernünftigen Argumenten ist kaum noch jemand zugänglich. „...Wenn Angst und Aberglaube den Verstand vernebelten, waren die Menschen zu allem fähig. Allerdings hoffte sie, dass Matthäus den Druck des Pflegers nicht nachgeben und den Scharlatan vom Spital fernhalten würde...“ Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehört die Auseinandersetzung zwischen dem Arzt und dem Geistlichen im Spital. Matthäus nimmt kein Blatt vor den Mund. Noch ahnt er nicht, dass ab dem Moment sein Leben keinen Pfifferling mehr wert ist. Als sich die Spitalmeisterin einmischt, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen, muss sie sich vom Geistliche sagen lassen: „...Frauen haben zu schweigen, denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, dass sie reden, sondern sie sollen untertan sein...“ Olivera steht zwischen allen Fronten. Dabei hat sie auch im eigenen Haus gerade neue Probleme. Die Auseinandersetzung zwischen Mathes und Jona nehmen unschöne Züge an. Der Knecht Mathes hat es nie verwunden, dass Götz und Olivera den ehemaligen Betteljungen aufgenommen haben. Mittlerweile aber ist Jona in einem Alter, in dem er sich von mathes nicht merh alles gefallen lässt. Es bedarf einiger geschickter Winkelzüge, um den Geistlichen als Scharlatan zu überführen. Ein inhaltsreiches Nachwort rundet das Buch ab. Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

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