Marcus Jordan
ich habe den Streik gelesen, weil mir eben sein enormer Einfluss auf die us-amerikanische Kultur und seine Bedeutung als "Bibel" der (Neo)Liberalisten bekannt wurde. Ich habe mich gequält, vor allem weil ich es literarisch schwach fand, dramaturgisch redundant und in seiner inhaltlichen Entwicklung langatmig. Mag teilweise an der Übersetzung gelegen haben. Was aber aus meiner Sicht wirklich nicht funktioniert, ist die politische Dimension. Das Buch breitet sich aus auf der momentanen Wahrnehmung einer Bedrohung individueller, unternehmerischer Freiheit durch willkürliche, staatliche, korrupte Eliten, die unter dem Deckmäntelchen der Menschenliebe mit destruktiver Energie und reaktionärer Politik ihre Privilegien bewahren. Allein - das Buch bleibt jeden haltbaren Realitätsbezug schuldig und taugt insofern überhaupt nicht, als Mahnung oder Wegweiser in aktueller politischer Debatte. Es ist einfach und schlicht die bis heute virulente Ausrede der Privilegierten, die in ihrer Angst um ihre Privilegien, dem solidarischen Staat eine destruktive und freiheitsfeindliche Dynamik andichten wollen, die aber tatsächlich eben ihnen selber zufällt. Es erinnert an Alexander Dobrindt, wie er 50 Jahre nach 68 und nach fast permanenter konservativer Regierungsmacht, der Linken die Schuld zuweist an gesellschaftlicher Spaltung, krasser sozialer Ungerechtigkeit und politischer Radikalisierung. Auf diesem haltlosen Szenario reitet der Roman gefühlte 10.000 Seiten lang rum und liefert keinerlei Pointe. Ich hatte gehofft, etwas Neues zu verstehen - zumindest ich war aber nicht in der Lage etwas zu finden. Drei Sterne habe ich gegeben, weil der Roman in seiner politischen Bedeutung eben relevant ist und irgendwo lehrreich für das Verständnis der intellektuellen Verzerrung des Neoliberalismus.