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Babscha

Posted on 11.8.2021

Corona hatte im persönlichen Bereich der Menschen auch Auswirkungen, die man in der Rückschau durchaus als ein bisschen strange bezeichnen kann. Bei mir war es so, dass ich mangels sonstiger Alternativen (alles dicht draußen) und von daher mit mehr Zeit gesegnet als im normalen Leben einfach nochmal ein bisschen intensiver auf dem Speicher im verstaubten Nachlass meines vor Jahren verstorbenen Vaters gestöbert habe. Und dabei dann auf so einiges an Unterlagen und Informationen aus seiner Zeit als Soldat im 2. Weltkrieg gestoßen bin, was mir bislang unbekannt war und völlig neue Perspektiven auf einen typischen Vertreter dieser kriegsgeschädigten Generation eröffnete, mich teilweise geradezu betroffen machte. Natürlich reflektiert man dann auch, wie einfach das Leben damals mit 18 für einen selbst doch eigentlich war in einer sicheren, behüteten, noch verantwortungsfreien Welt aus Alkohol, Musik und unklaren Zukunftsvorstellungen, während mein Altvorderer im gleichen Alter schon zwangsrekrutiert auf den späteren Russlandfeldzug vorbereitet wurde, der ihn dann auch fürs Leben zeichnen sollte. Genau dahin schweiften meine Gedanken bei der Lektüre dieses hochintensiven, ehrlichen und beklemmenden Buches immer wieder ab, denn nach 2001 schickten auch die Vereinigten Staaten junge, mental völlig unvorbereitete Männer auf der Schwelle zum Erwachsenenleben in den Krieg und auf Himmelfahrtkommandos in die Schluchten Afghanistans, wo sie auf einen Feind trafen, dessen taktischen Winkelzügen sie trotz einer erdrückenden Überlegenheit an Waffenmaterial nie wirklich das Wasser reichen, sondern irgendwann nur noch den Rückzug antreten konnten. In 2007 hat Sebastian Junger, der verdient hochprämierte Journalist und Autor dieses Buches, ein Jahr bei verschiedenen Platoons und Bataillonen des US-Militärs in der berüchtigten und lebensgefährlichen Korengalschlucht verbracht und berichtet hier intensiv vom täglichen Leben der Soldaten vor Ort, ihren Empfindungen und Gedanken, der unabdingbaren Kameradschaft untereinander, der rund um die Uhr unterdrückten Todesangst, den immerwährenden Angriffen und Verlusten auf beiden Seiten, den unbeschreiblichen Materialschlachten und letztlich von der Sinnlosigkeit der ganzen gegenseitigen Gewalt. Und natürlich von dem, was auch hier der Krieg aus jungen Männern macht, die bis an alle Grenzen körperlich wie geistig gefordert werden und, sofern sie denn überleben, heimkehren in ihr Land, wo man sie kaum verstehen bzw. nachempfinden kann. Ein Bericht, der desillusioniert, aufwühlt und unter die Haut geht und dem kriegsunerfahrenen Leser nochmal vor Augen führt, wie gut es ihm doch geht und welcher Kelch da an ihm vorüber gegangen ist. Echte Leseempfehlung! Und kaum zu fassen, dass das Land jetzt im Jahr 2021 erneut im dereinstigen desolaten Zustand von Terror und Verderben zu versinken droht.

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