Profilbild von mabuerele

mabuerele

Posted on 10.8.2021

„...Wenn man den Feind unmenschlich macht, ist es leichter, ihn zu töten...“ Wir schreiben das Jahr 1914. Alma ist Joshua nach Sydney gefolgt. Endlich kommt die Adoptionsurkunde für Max. Er ist nun auch offiziell Joshuas Sohn. Auf Samoa bewirtschaften Mathilde und ihr Bruder Fritz eine große Ananasplantage. Sie warten auf eine Schiffslieferung von Fabrikteilen, da sie die Ananas in einer eigenen Fabrik in Dosen verpacken und dann verkaufen wollen. Doch die Zeit ist unruhig. Es gibt Gerüchte über einen bevorstehenden Krieg in Europa. Schneller als gedacht erreicht der Krieg die Südsee und Australien. Von heute auf morgen werden aus Freunden und Nachbarn Feinde. Die Autorin hat die Geschichte, die in „Unter dem Südseemond“ begann, fortgeführt. Vier lange Kriegsjahre darf ich die Protagonisten durch Höhen und Tiefen ihres Lebens begleiten. Das Buch lässt sich flott lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Dazu beigetragen haben die fesselnde Handlung, der häufige Wechsel von Handlungsorten und die Unterteilung der Kapitel in kurze Leseabschnitte. Dazu kommt der angenehme Schriftstil. Dabei ist jeder Abschnitt mit Ort und Datum versehen. Im Mittelpunkt der Handlung stehen zwei starke Frauen. In Australien ist Alma lange auf sich allein gestellt. Sie bangt nicht nur um das Leben ihres Mannes, der als Kapitän kriegswichtige Güter verschifft, sondern hat auch gegen die Intrigen ihrer Schwägerin zu kämpfen. Samoa wird von der neuseeländischen Armee besetzt. Mathilde verliert alles, was ihr wichtig ist und muss sich ein neues Leben aufbauen. Mit deutlichen Worten lässt die Autorin ihre Protagonisten den Unsinn des Krieges geißeln. An beiden Handlungsorten wird klar, dass Frauen und Kinder die Leidtragenden sind, wenn die Herrschenden die Bevölkerung zum Krieg aufruft. Die Diskussionen über die Sinnlosigkeit des Krieges gehören zu den Höhepunkten der Geschichte. Auch die Tatsache, dass die Vorgänge im fernen Europa massiv in das Geschehen im Pazifik eingreifen, wird treffend dargestellt. Jedes bekannt gewordenen Kriegsverbrechen, jede Niederlage führt zu neuen Repressalien. Plötzlich zählt nicht mehr, weshalb man einst Europa verlassen hat, sondern nur noch, welcher Nation man angehörte. Es ist bitter, dass diese Einstellung schnell in die Köpfe der Kinder gepflanzt wurde und in der Schule zu handfesten Auseinandersetzungen führten. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, die Emotionen der Protagonisten in passende Worte zu fassen. Existenzangst, Wut und Menschlichkeit, Verleumdung und Hilfsbereitschaft sind wesentliche Elemente der Handlung. Fast nebenbei werden noch einige weitere Lebensgeschichten erzählt, sei es das Leben der Samoaner oder die Behandlung der Eingeborenen durch die Australier. Die Karten zu Beginn und am Ende des Buches helfen bei der Orientierung. Das Cover in zartem Grün mit der Pflanzenwelt der Südsee am Strand lässt nichts davon ahnen, welche Gefahren dem Paradies drohen. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat anhand einiger Lebensschicksale gezeigt, dass die Folgen von Krieg nur Tod und Leid sind. Sie hat dargestellt, wie leicht der Mensch zu manipulieren ist, aber auch, dass es immer Menschen gibt, die sich einer solchen Entwicklung mit Herzensbildung und Mitmenschlichkeit entgegenstellen.

zurück nach oben