Sofia :)
Vielen lieben Dank an den cbt-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar! Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider. Aufmachung: Normalerweise bin ich ja kein Fan von Gesichtern auf Covern, aber dieses hier finde ich absolut gelungen! Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass es sich hierbei um Elfenfantasy handelt, in denen augenscheinlich Drachen und andere magische Tiere eine große Rolle spielen. Was mir jedoch am besten gefällt: Je länger man hinsieht, desto mehr Details fallen einem auf. Der Titel gefällt mir ebenfalls gut, da nicht nur aus offensichtlichen Gründen zum Inhalt passt (die Protagonistin verliert ihr Herz), sondern auch im Text selber noch einmal aufgegriffen wird. Das liebe ich ja! Meine Meinung: Man sucht ja in der Regel verhältnismäßig lang nach einem High Fantasy-Standalone. Dass man hier ein solches erhält, in dem es noch dazu um Elfen, Drachen und Magie geht, hat mich daher sehr gefreut und umso gespannter war ich auf das Buch. Der Einstieg in „Kalt wie Schnee, hart wie Eisen“ ist sehr leicht. Das liegt zum einen an dem unkomplizierten, lockeren Schreibstil, der sich gut „weglesen“ lässt, ohne dass er an malerischen Beschreibungen, die für das Genre so typisch sind, geizt. Zwar sind auch hier die Orts- und Figurennamen teils etwas komplizierter (gerade hinsichtlich der Orte hätte ich mir hier durchaus eine Karte gewünscht; ein Figurenverzeichnis gibt es immerhin), aber das hat keine Auswirkungen darauf, dass man sich in dieser Welt sehr gut zurechtfindet. Insofern würde ich das Buch bereits an dieser Stelle High Fantasy-Einsteigern empfehlen! Auch hinsichtlich des Inhalts ist der Anfang vielversprechend. Man lernt Kanemô kennen und erfährt, wie es dazu kommen wird, dass sie ihr Herz verliert. Als ich diesen Teil im Klappentext gelesen habe, war ich sehr gespannt darauf, wie die Autorin das Problem, dass die Protagonistin kein Herz, ergo keine Gefühle besitzt, auf nachvollziehbare Weise lösen würde, denn gerade die Gefühle der Protagonistin sind es ja, die dafür sorgen, dass man auch als Leser mitfiebert. Die Umsetzung Jenny Mai-Nuyens ist jedoch wunderbar gelungen. Dadurch, dass man Kanemô im Prolog als Kind und zu Beginn der Geschichte noch mit einem Herzen kennenlernt, kann man bereits eine Beziehung zu ihr aufbauen und nachvollziehen, wieso sie sich dazu entscheidet, der Hexe ihr Herz zu übergeben. Was mir sehr gut gefallen hat: Obwohl Kanemô infolge dessen später zu Gefühlen nicht mehr in der Lage ist, ist sie dennoch nicht gefühlskalt oder „roboterhaft“; vielmehr wirkt es so, als seien ihre Gefühle kurzzeitig wie „unter Wasser“, bevor sie durch den Zauber unterdrückt werden. Man bekommt also einen Eindruck davon, wie Kanemô reagieren würde, hätte sie ihr Herz noch, und kann ihre Handlungen, so kalkuliert und logisch sie auch sein mögen, sehr gut nachempfinden. Dennoch sollte hier nicht außer Acht bleiben, dass sie, gerade weil sie kein Herz mehr hat, teilweise sehr grausam und brutal handelt. Wenn man mit moralisch grauen Charakteren also nicht so gut klarkommt, kann ich mir gut vorstellen, dass dieses Buch nichts für einen ist. Ich fand es dagegen im Vergleich zur typischen „guten“ YA-Protagonistin sehr interessant und abwechslungsreich! „‚Schaut‘, befahl Liotan. ‚Das seid Ihr. Das ist eure Macht. Wenn jemand die Rebellen besiegt, dann Ihr. Aber unter eurer zarten Haut müsst Ihr hart sein wie Eisen. Und kalt wie Schnee.‘“ (S. 48) Das Buch ist in mehrere Teile gegliedert, und während Teil 1 vollständig aus Kanemôs Sicht erzählt wird, findet Teil 2 ausnahmslos aus Lauriens Perspektive statt. Dem stehe ich ein bisschen ambivalent gegenüber. Einerseits hat mir das insofern gut gefallen, dass man so auch sie, die ebenfalls einen wesentlichen Teil der Handlung trägt, sehr gut kennenlernen und sich auf sie einlassen kann. Auch sie ist, ähnlich wie Kanemô, von schlechten Eigenschaften – bei ihr hauptsächlich Eitelkeit und Feigheit – geprägt, die sie von anderen Protagonistinnen abheben. Wieder: Darauf muss man sich einlassen können! Während ich Laurien nicht durchgängig sympathisch fand und an ihrer Stelle sicherlich nicht so gehandelt hätte wie sie, fand ich die Charakterisierung ihrer Figur doch nachvollziehbar und glaubwürdig, also sehr gut gelungen. Weshalb mir diese Aufteilung von Teil 1 und 2 allerdings nicht gefallen hat, ist, dass es mich so ziemlich aus Kanemôs Handlungsstrang herausgerissen hat. Das, was Laurien in Teil 2 erlebt, passiert parallel zu Kanemôs Erlebnissen, die durch die Aufteilung jedoch wieder recht weit in den Hintergrund gerät. Das ist natürlich stark Geschmackssache, aber ich hätte es hier besser gefunden, wenn Kanemôs und Lauriens Erzählungen wie in den darauffolgenden Teilen auch parallel stattgefunden hätten. Dadurch, dass man so aus dem Plot herausgerissen wird, dauert es nämlich relativ lange, bis sich wieder ein wenig Spannung aufbauen kann. Stattdessen wirkt es durch dieses Auseinanderziehen so, als würde auf etwas Großes vorbereitet werden. Daher habe ich mich beim Lesen auch immer wieder gefragt, ob „Kalt wie Schnee, hart wie Eisen“ tatsächlich ein Einzelband ist oder nicht doch ein Auftakt, denn so fühlte es sich zeitweise an. Bestätigt wurde dieses Gefühl dann zum Schluss auch noch dadurch, dass für die Auflösung der Konflikte am Ende nur noch ca. 70 Seiten übrigbleiben: Die Konflikte werden also im Vergleich zu ihrem Aufbau sehr kurz und „einfach“ abgehandelt; das Große, das man nach der langen Einführung erwartet, bleibt aus. Insofern konnte mich das Ende nicht völlig zufriedenstellen. Ein paar mehr Seiten mit einigen tiefergehenden Details und Plottwists hätten dem Buch sicherlich gutgetan! Das soll jedoch nicht heißen, dass „Kalt wie Schnee, hart wie Eisen“ mich gar nicht überraschen konnte, im Gegenteil. Zwar konnte ich manche Twists auch vorher schon erahnen, aber vor allem gegen Ende hat mich die Autorin doch das eine oder andere Mal kalt erwischt. Abschließend möchte ich nur noch das wunderbare Worldbuilding einmal erwähnt haben. Dazu gibt es eigentlich nicht allzu viel zu sagen, außer, dass ich mir trotz fehlender Karte die Welt um Ivenhall, Magdar Yhs, das Moor und die Schädelstädte sehr gut vorstellen konnte. Für High Fantasy ist das Buch relativ dünn, zumal es ein Einzelband ist. „Kalt wie Schnee, hart wie Eisen“ kann hinsichtlich des Worldbuildings also nicht so sehr in die Tiefe gehen, wie andere (mehrteilige) High Fantasy-Schinken. Nichtsdestotrotz trifft man hier auf die für einen einnehmenden Weltenbau notwendige Tiefe und Detailverliebtheit; die Kürze des Buches tut dem hier also keinen Abbruch! Fazit: „Kalt wie Schnee, hart wie Eisen“ überzeugt vor allem mit seiner Kurzweiligkeit und einem sehr einnehmenden, einfachen, aber dennoch genregerechten Schreibstil, die vor allem einen tollen Einstieg für High-Fantasy-Anfängern bieten! Etwas schade ist der ein wenig schleppende Mittelteil und das dafür eher ernüchternde Ende, die jedoch nichts daran ändern, dass man zwischendurch durchaus sehr gefesselt ist und insgesamt ein sehr schönes Leseerlebnis erhält. Ich empfehle das Buch allen, die nach einem leichten High Fantasy-Standalone suchen, weise aber darauf hin, dass es möglicherweise nichts für Leser*innen ist, die Schwierigkeiten haben, sich in moralisch graue Figuren hineinzuversetzen. 4/5 Lesehasen.