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„...Sie musste an Großmutters Spruch denken, dass es keinen Sinn machte, über Hühner nachzudenken, wenn die Eier noch nicht gelegt waren...“ Im Jahre 1905 erzählt Darri, eine Aborigine, Mina eine alte Legende über drei Schwestern. Mina zieht eine Parallele, denn auch sie hat zwei Schwester: Tutt und Elsa Dann kommt das Jahr 1910. In Sydney stirbt Carl Gotthold Lessing, der Großvater der Schwestern. Tutt lebt in Deutschland. Seit ihrer Kindheit hat sie das Land ihrer Geburt nicht mehr wiedergesehen. Die einzige geplante Reise musste sie kurzfristig absagen. Jetzt macht sie sich Vorwürfe, denn sie hätte ihren Großvater gern noch einmal gesehen. Mina steht kurz vor ihrer Hochzeit mit William Black. Emilia, die Großmutter, behält die Zügel in der Hand, ohnedie anderen einzuengen. Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Es ist der dritte Teil über die Familien Lessing und te Kloot. Das Buch schließt zeitlich fast genau an den zweiten Teil an. Obwohl man durchaus alle drei Teile getrennt lesen kann, denn es gibt immer kurze Rückblicke auf die wichtigsten Fakten, empfiehlt es sich, die Bücher der Reihe nach zu lesen. Nach dem Tode von Minnie te Kloot im Jahre 1890 hatten die Großeltern Emilia und Carl die 5 Enkelkinder zu sich genommen. Carola, die Älteste, wurde von Rudolph te Kloot zu seiner Schwester nach Deutschland geschickt. Carola hatte 1909 Werner Ansing geheiratet und lebt in wohlhabenden Verhältnissen. Im diesem Roman wird die Geschichte der Familie über einen Zeitraum von 20 Jahren erzählt. Dabei geht es selten um großartige Ereignisse, mehr um die alltäglichen Probleme. Krankheit und Tod, Liebe und Trennung spielen eine Rolle. Die Autorin zeichnet ein umfangreiches Bild der Familie und des Lebens im Australien. Selbst die Themen wie Schwangerschaftsverhütung und Homosexualität werden nicht ausgespart. Allein durch Briefe ist Tutt, so der Rufname von Carola, mit ihren Geschwistern und der Familie verbunden. Die Zeit des Krieges ist schwierig. Briefe werden kontrolliert und müssen sehr behutsam formuliert werden, denn Australien und Deutschland stehen auf verschiedenen Seiten der Front. Emilia hat es ihrem Alter zu verdanken, dass sie während des Krieges nicht interniert wird. Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Sehr deutlich wird der Zusammenhalt der Familie herausgearbeitet. Das betrifft nicht nur die Geschwister, sondern auch ihre Tanten, die jede auf ihre eigene Art das Zusammenleben bereichern. Natürlich gibt es auch Spannungen. Doch der ruhende Punkt und die unangefochtene Autorität ist Emilia, die Großmutter. Sie ist für alle Ansprechpartner und Ratgeber. Dass ihre Worte selbst nach ihrem Tod tief im Bewusstsein der Ihren verankert sind, zeigt obiges Zitat. Es stammt von Elsa aus dem Jahre 1930. Die im Buch enthaltenen Briefe sind kursiv abgedruckt. Obwohl Tutt eine glückliche Ehe führt und von ihrer Pflegemutter geliebt wird, brennt in ihr die Sehnsucht nach den Geschwistern und der großen Familie. Dass durch ihren Vater von Heute auf Morgen ihre Wurzeln gekappt wurden, hat sie nie überwunden. Schon in den letzten Teilen lebte Allunga, eine Aborigine, bei Emilia. Sie ist der gute Geist des Hauses, mag aber nicht, wenn sich jemand in ihre Aufgaben einmischt. Dadurch werden im Buch auch die Probleme der Aborigines angesprochen. Ein neues Gesetz nimmt ihnen nicht nur alle Rechte, sondern trennt die Kinder von den Müttern. Welche Folgen diese Grausamkeit hatte, wird an einem Beispiel gezeigt. Ein ausführliches Nachwort trennt Realität von Fiktion. Das Cover mit der Frau, die in die Weite schaut, passt zum Inhalt. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte wird behutsam und mit viel Gefühl erzählt. Es ist eine Erzählung von gegenseitiger Zuneigung, Rücksichtnahme und Toleranz.