marcello
2018 war „Todeskäfig“ von Ellison Cooper definitiv der Thriller des Jahres für mich, da er so faszinierend und spannend geschrieben worden ist. Der zweite Band, „Knochengrab“, hatte sicherlich nicht mehr ganz den Glanz des ersten Kennenlernens, aber da stellte sich für mich schon deutlich an, dass ich mit den Figuren bereits eng zusammengewachsen bin. Nun steht also bereits der dritte Band der Reihe, „Totenschrein“, in den Bücherregalen und hier erfahrt ihr meine Meinung. Nach der Lektüre des Thrillers ist mir relativ schnell bewusst geworden, dass sich die Reihe gerade definitiv am Scheideweg befindet, wo sie ganz gewaltig aufpassen muss, um nicht langsam aber sicher in Richtung „gewaltige Enttäuschung“ abzurutschen. Den dritten Band würde ich definitiv noch nicht als Enttäuschung bezeichnen, aber es sind schon deutliche Ansätze zu bemerken, die gerade nicht unbedingt Hoffnung machen. Coopers Hauptfigur Sayer zeichnet sich neben ihrem Job als FBI-Agentin dadurch aus, dass sie auch leidenschaftliche Neurowissenschaftlerin ist, die in die Psyche der Serientäter einsteigt. Das war und ist für mich ein sehr spannender Aspekt, der gerade im ersten Band auch brutal gut ausgespielt wurde. In diesem Band ist davon aber leider nicht mehr viel zu sehen. Zwar ist da immer noch die Verbindung zu dem ominösen Studienteilnehmer, der so präsent wie nie zuvor ist, aber es geht nicht mehr um die konkreten Untersuchungen an sich. Auch in dem Fall selbst werden ihre Fähigkeiten dazu kaum ausgespielt und es ist einfach schade, dass so ein Alleinstellungsmerkmal nicht konsequent beibehalten wird. Kommen wir nun zum dargestellten Kriminalfall, den ich rein vom Papier her als extrem gut bezeichnen würde, denn ein Bus mit 24 Jugendlichen zu entführen, wovon ruckzuck die Hälfte tot ist, oh wow, das ist eine Ausgangslage, die man in Krimis und Thrillern jetzt nicht gerade häufig präsentiert bekommt. Ich war davon wirklich so beeindruckt, dass ich dachte, so jetzt kommt ein richtiger Knall, weil es nach diesem Auftakt doch nur überragend werden kann. Aber tatsächlich werden die Ermittlungen und die Spurensuche in Richtung des Täters nicht gerade intelligent und spannend erzählt. Das liegt leider zu einem großen Teil daran, dass sich in die Ermittlungen eine zweite Teilhandlung einschleicht, wo man mit zunehmend Verlauf merkt, dass diese von der Autorin als wichtiger eingeschätzt wurde. Das sorgt zum einen dafür, dass viel zu früh offensichtlich ist, wer der Täter ist und es sorgt dafür, dass der Weg dahin nicht raffiniert und mit Wendungen erzählt ist, sondern nur etwas dauert, weil es von außen manipuliert wird. Die zweite Teilhandlung wiederum hätte nun wirklich sehr spannend werden können, aber in dieser konkreten Umsetzung fand ich fast schon, dass sie soapig gestaltet wurde. Hier wurde mit vielen Klischees gespielt, was dann wiederum dafür gesorgt hat, dass der Überraschungseffekt sich gelegt hat, denn in Soaps ist bekanntlich vieles bereits im Vorfeld zu prognostizieren. Es tut mir leid, aber für diese doch sehr brisante Teilhandlung, weil sie Sayer so extrem beeinflusst, hätte man sich ein besseres Setting einfallen lassen müssen. Einfach besser, raffinierter und all so etwas hätte es sein müssen. Auch die Rolle des Studienteilnehmers war dann irgendwann vorherzusehen und dass darf Cooper einfach nicht passieren. Vor allem wenn ich bedenke, dass im ersten Band diese Kritik nicht ansatzweise anzubringen war. All diese Kritik ist nun sehr schade, denn die Figuren, die nun schon drei Bände dabei sind und so viel Profil gewinnen konnten, sind mir wirklich ans Herz gewachsen, aber diese Tendenz muss definitiv durchbrochen werden! Fazit: „Totenschrein“ ist noch nicht als Enttäuschung zu klassifizieren, aber auch nicht weit davon entfernt. Der Kriminalfall war vom Papier her vielversprechend, doch wurde durch eine zweite Teilhandlung völlig ausgebremst. Die zweite Teilhandlung war zwar wichtig, ist aber zu vorhersehbar gestaltet worden. So ist von Coopers Brillanz erstmal nicht viel zu sehen. Die Reihe befindet sich hiernach am Scheideweg. Bekommt die Autorin das Ruder noch mal umgerissen?