mabuerele
"...Das Leben hört nicht auf, nur weil es gerade nicht so läuft, wie man es sich vorstellt oder wünscht...irgendwann, muss man die Ärmel hochkrempeln und sich wieder dem Leben stellen..." Wir schreiben das Jahr 1891. Die 8jährige Carola te Kloot reist auf dem Schiff ihres Großvaters von Australien nach Deutschland. Nach dem Tode der Mutter hat ihr Vater verfügt, dass sie bei der Familie seiner Schwester Mathilde leben wird. Bis Hamburg begleiten sie Tante Lily und ihr Cousin Otto. Für das Kleinkind wurde Allunga mitgenommen. Sie ist Mischling. Ihre Mutter gehört zu einem Stamm der Aborigines. Carola lässt in Sydney nicht nur ihre Großmutter Emilia, sondern auch ihre jüngeren Geschwister zurück. Sie werden bei der Großmutter leben. Im Buch „Die Australierin“ erzählt die Autorin das Leben der Emilia Lessing. In „Die australischen Schwester“ stehen nun ihre Enkel im Mittelpunkt. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Dazu beigetragen hat die Tatsache, dass es sich nicht um eine fiktive Geschichte handelt, sondern viele Fakten historisch in der Familiengeschichte gesichert sind. Die Handlung erstreckt sich bis ins Jahr 1909. Ausführlich werden die Lebensverhältnisse in Deutschland und in Australien beschrieben. Während Carola in finanziell gesicherten Verhältnissen aufwächst und wie eine eigene Tochter gehalten wird, müssen die Großeltern mit jedem Pfennig rechnen. Trotzdem geben sie den Kindern Liebe und Geborgenheit. Carola dagegen wird immer unter dem Heimweh und der Trennung von der Familie leiden. In Berlin lernt sie ihren Großonkel Carl Robert Lessing kennen. Dadurch taucht sie eine für sie völlig neue Welt ein. Das Leben gewinnt an Leichtigkeit. Mina, die zweitälteste Schwester, möchte der Enge im Haushalt der Großeltern entfliehen und zieht zu Tante Till. Deren Mann ist Leiter eines Internats. Doch ein eigenes Zimmer und neue Garderobe können nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier das Leben nicht nur Sonnenseiten hat. Einige Jahre später verbringt Elsa ihre Ferien auf einer Schaffarm bei Tante Lily. Dort wird sie ihren Cousin Otto wiedersehen, mit denen sie die ersten Kindheitsjahre verbracht hat. Die Autorin versteht es, die Familiengeschichte mit interessanten Fakten und Informationen anzureichern. Dazu gehört insbesondere die Geschichte und die Legenden der Aborigines. Hier setzt sie sich mit Vorurteilen auseinander. Es wird deutlich, dass jede Lebensform ihre Berechtigung hat und ein Aufzwingen der eigenen Lebensweise zu Entwurzelung führt. Für das Leben der Aborigines und ihre Traumpfade findet die Autorin nicht nur passende Worte, sondern wunderschöne Sprachbilder. Ein zweites großes Thema, das sich aus dem Handlungsablauf ergibt, ist die Schafzucht. Mit Elsa darf ich die Schwere der Arbeit und ihre Besonderheiten erleben. Dass nicht nur der Mensch, der von Europa nach Australien wechselt, neue Bedingungen vorfindet, sondern auch die Schafe, wurde auf spannende Weise dargelegt. Dabei geht es unter anderem um den versetzten Zyklus der Jahreszeiten. Der Sprachstil des Buches ist ausgereift. Das zeigen nicht nur die verwendeten Metapher, die exakte Beschreibung von Land und Leuten und die treffsicheren Dialoge, sondern auch die berührende Wiedergabe von Gefühlen. Ich denke dabei unter anderen an Mathildes Trauer um ihren Mann, an Minas erste zarte Liebe, an Ottos Wut und an Carolas tiefe Verletztheit. Obiges Zitat stammt von Emilia, die nach vielen Schicksalsschlägen immer wieder aufgestanden ist und diese einstellung ihren Kindern und Enkelkindern mitgeben möchte. Ein besonderes Stilmittel sind dabei die eingefügten Briefe, die in kursiv abgedruckt wurden. Zu Beginn des Buches befindet sich der Stammbaum. Er ermöglicht es, die Namen schön zuzuordnen und auseinanderzuhalten. Im Nachwort fasst die Autorin die Fakten nochmals zusammen. Das Cover mit dem weiten Feld und der jungen Frau passt. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mir nicht nur einen Einblick in die Vergangenheit gegeben, sondern mich an Schicksalen teilnehmen lassen,. die Realität waren.