mabuerele
Der Roman zeigt auf bedrückende und erschütternde Weise wie Krieg und Terror tief in das Leben der Menschen eingreift und sie verändert. Mariam lebt mit ihrer Mutter abgeschieden in Afghanistan. Sehnsüchtig erwartet sie den Tag der Woche, an dem ihr Vater sie besucht. Als uneheliche Tochter hat sie sonst keinen Anteil am Leben ihres Vaters. Sie vergöttert ihn. Doch als sie ihn eines Tages in seinem Haus aufsuchen will, wartet eine große Enttäuschung auf sie … Laila wächst in Kabul als Tochter eines Lehrers auf. Doch der Bürgerkrieg zerstört ihre Zukunft. Ihre Eltern kommen bei einem Bombenangriff ums Leben. Ihr Jugendfreund Tarik soll in einem pakistanischem Krankenhaus gestorben sein und sie ist schwanger.. Der Roman erzählt ungefähr 40 Jahre afghanischer Geschichte. Er zeigt die Rechtlosigkeit der Frauen am Beispiel von Miriam auf. Vater und Ehemann bestimmen das Leben. Letzterer ordnet an, was sie zu tragen hat und wann sie das Haus verlassen darf. Das Recht auf Bildung hat ihr ihre Mutter verwehrt. Freude im Leben und Liebe scheint ihr nicht zuzustehen. Dafür hat der Ehemann jedes Recht, sie zu züchtigen. Laila, die im Elternhaus trotz aller Probleme als selbständige und gebildete junge Frau aufwächst, versucht sich gegen die Unterdrückung zu wehren. Doch auch sie hat keine Chance... Wie tiefgreifend der Krieg die Menschen beeinflusst hat, wird vor allem an Lailas Mutter deutlich. Am Anfang des Romans wird sie als selbstbewusste moderne Frau geschildert. Nachdem ihre beiden Söhne sich den Mudschaheddin angeschlossen haben, bleibt eine gebrochene Frau zurück, die den Tag zumeist im Bett verbringt und sich nicht um Mann, Tochter und Heim kümmert. Im Roman wird Kabul als moderne Stadt geschildert, die sich lange aus den Kriegshandlungen heraushalten konnte. Es klingt bitter, als Lailas Vater sagt, dass die zunehmenden Rechte der Frauen ein Grund für den Kampf der Mudschaheddin sind. Obwohl er unter der kommunistischen Regierung nicht mehr als Lehrer arbeiten darf, sieht er die positiven Seiten für die Frauen. Neben der Sowjetunion kommen aber auch die westlichen Regierungen im Buch nicht gut weg. Es wird verdeutlicht, dass sie Afghanistan im Stich gelassen haben, als es weltpolitisch keine Bedeutung mehr hatte. Es war bitter für die Bevölkerung, als sich diejenigen, die gemeinsam gegen die Invasoren gekämpft haben, nun gegenseitig umbrachten. Die Taliban, die anfangs als Friedensbringer gefeiert wurden, waren für die Frauen eine Katastrophe. Das Buch hat mich tief berührt. Es zeigt Lebensverhältnisse auf, die für mich unvorstellbar sind. In der zweiten Hälfte des Buches werden die Kapitel abwechselnd von Miriam und Laila dominiert. Das zeigt zum einen die unterschiedlichen Einstellungen der Frauen, macht aber auch den langsamen und tastenden Aufbau einer Freundschaft glaubwürdig. Aus Abneigung und Ablehnung wird Hilfsbereitschaft und Mitgefühl. Menschlichkeit siegt über Gewalt. Gewalt aber führt zur Katastrophe… Miriams Entscheidung war für mich nachvollziehbar. Ich kann diese Größe nur bewundern. Sie hat durch Laila und ihre Tochter Liebe erlebt und wollte diese wieder zurückgeben, auch um den höchsten Preis. Das Buch ist ein Plädoyer für Humanismus und Menschenrechte.