schnaeppchenjaegerin
Das Buch mit dem unkommoden Titel, der wohl an Bestseller wie "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" erinnern soll, ist weniger ein Roman um eine große Liebesgeschichte als vielmehr die Biographie über einen Inder. Pikay wächst in purer Armut in Indien auf, die Familie gehört nicht einmal der untersten Kaste an. Schon unmittelbar nach seiner Geburt wird Pikay prophezeit, dass er eine weiße Frau aus einem fernen Land mit dem Sternzeichen Stier heiraten wird. Als "Unberührbarer" schon zu Schulzeiten unterdrückt, macht er sich auf den Weg nach Neu Delhi, um dort als Straßenkünstler zu arbeiten und Menschen zu porträtieren. Er ist so talentiert, dass er nicht nur Passanten, sondern auch prominente Politiker zeichnet. Auf diese Weise lernt er die Schwedin Lotta kennen, die mit einer kleinen Reisegruppe auf der Hippieroute im VW Bus nach Indien gereist ist und genau auf die Prophezeiung passt. Pikay verliebt sich auf den ersten Blick in sie und möchte sie heiraten, was traditionell der einzige Weg ist, um ihr nahe zu sein. Er erhält den Segen seines älteren Bruders und des Vaters für die Vermählung, aber Lotta reist dennoch zurück in ihre Heimat. Die beiden schreiben sich sehnsüchtige Briefe, aber Pikay reicht diese "Fernbeziehung" auf Dauer nicht aus. Er beschließt, mit einem Damenrad nach Schweden zu reisen, auch wenn er keine Vorstellung davon hat, wo sich dieses Land überhaupt befindet. Neben einiger Widrigkeiten und Hürden erfährt er jedoch viel Unterstützung auf seiner Reise, so dass er letztlich "nur" bis Istanbul radeln muss. Von dort geht der Weg mittels gesponserter Zugtickets über Wien und Kopenhagen nach Göteborg. In Schweden ist ihm vieles fremd, er integriert sich jedoch schnell und gründet mit Lotta eine Familie. Die Biographie des Inders Pikay ist nett zu lesen, hat allerdings bis zur Mitte des Buches ihre Längen. Die Hälfte des Buches handelt vom Leben Pikay in der Armut in Indien, dem ungerechten Kastenwesen und Pikays Versuchen, sich umzubringen. Dann lernt er Lotta kennen und begibt sich ihretwegen auf die sicher beschwerliche Reise nach Schweden. Der Buchtitel und auch der Klappentext sind etwas missverständlich. Weder ist das Buch eine Liebesgeschichte, noch fährt Pikay tatsächlich mit dem Fahrrad nach Schweden. Die eigentlich faszinierende Geschichte wird von Andersson sehr sachlich und emotionslos geschildert. Die Liebe der beiden zueinander wird auch beim Wiedersehen nicht wirklich deutlich, Lotta bleibt dem Leser völlig fremd. Es hatte fast den Anschein, dass Pikay Lotta allein aufgrund der Prophezeiung wiedersehen muss. Auch kommt die Schilderung der beschwerlichen Reise aufgrund des großen Umfangs der jungen Jahre Pikays etwas kurz. Wäre nicht klar, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt, hätte ich die Erzählung als unrealistisch empfunden.