schnaeppchenjaegerin
Als Isabellas beste Freundin Melanie für sie überraschend an einem Aneurysma im Herzen stirbt, übernimmt sie die Vormundschaft für deren vierjährige Tochter Leni, für die sie bisher die Patentante war. Unterstützung erhält sie von ihrer Großmutter, deren Bäckerei Isabella vor wenigen Jahren übernommen und zu einem erfolgreichen kleinen Cupcake-Laden direkt an der Ostseeküste umgebaut hat. Um mehr Zeit für Leni zu haben, stellt sie Maximilian ein, der als Zwischenlösung einen Aushilfsjob gesucht hatte. Isabella ahnt nicht, dass sich Maximilian mit einem Hintergedanken in ihr Café eingeschlichen hat, der ihre berufliche Existenz bedrohen könnte. Der Klappentext suggeriert einen Schwerpunkt auf der Geschichte um Isabella, den Verlust ihrer Freundin und die Abarbeitung einer so genannten Löffelliste, die ihr Melanie posthum zukommen lässt. Der Roman ist jedoch abwechselnd aus der Perspektive von Isabella und Maximilian geschildert, so dass man auch Einblicke in sein Leben erhält. Isabella ist eine sympathische junge Frau, die sich selbstständig gemacht hat und deren Ansinnen es ist, ihre Kund*innen mit ihren Cupcakes glücklich zu machen. Sie ist Single und vermisst auch keinen Mann in ihrem Leben. Der Tod von Melanie trifft sie schwer, sie vermisst ihre Freundin jeden Tag. Die Löffelliste gibt ihr ein Stück Melanie zurück, weshalb sie sehnsüchtig auf neue Nachrichten von der unbekannten Versenderin der E-Mails wartet. Mit Max wurde ich hingegen gar nicht warm. Sein Charakter war mir zu ambivalent und unglaubwürdig. In Bezug auf seinen achtjährigen Sohn Henry, der bei seiner Mutter lebt, reagiert er sehr emotional, wirkt jedoch darüber hinaus durchtrieben, überheblich und arrogant. Um Geld zu verdienen, um Henry etwas in den Sommerferien bieten zu können, nimmt er gegen Bezahlung ein unmoralisches Angebot seines Onkels an. Das Problem mit seinem Sohn ist aber weniger das fehlende Geld, als vielmehr seine Exfreundin, die ihm aus unbekannten Gründen keine gemeinsame Zeit mit seinem Sohn vergönnt. In Bezug auf Isabellas Geschäft zeigt er zwar Anzeichen eines schlechten Gewissens, geht aber dennoch auf die Skrupellosigkeit seines raffgierigen Onkels ein. Nach kürzester Zeit hat Maximilian jedoch plötzlich ein gutes Gefühl in dem bonbonfarbenen Cupcake-Shop und fühlt sich so glücklich, die kleinen Kostbarkeiten zu verkaufen, was möglicherweise an der berührenden Herzlichkeit der Bäckerin liegen könnte, dass ihm doch Zweifel an seinem Handeln kommen. Von Violet Thomas habe ich den Roman "Jeden Tag ein neuer Himmel" gelesen, der mir gut gefallen hat und in dem es auch über Trauer ging, weshalb ich mich auf "Ein Herz voll Leben" gefreut hatte. Die Geschichte konnte mich aber leider gar nicht überzeugen. Mir blieb sie in Bezug auf die Trauer um die verstorbene Freundin, die zu selbstverständlich angenommene Vormundschaft und den Alltag mit einer Vierjährigen, die gar nicht versteht, dass ihre Mama nie wieder kommen wird, zu oberflächlich. Melanies Aufgaben, die eigentlich Isabellas Leben hätten auf den Kopf stellen sollen, nahmen weitaus weniger Raum ein, als ich aufgrund des Klappentextes erwartet hatte. Die Handvoll Anregungen waren wenig lebensverändernd, wenn sie auch Isabella helfen, den Tod zu verarbeiten und Melanie an letztes Mal nahe zu sein. Die Beziehung oder Romanze, die sich zwischen Isabella und Maximilian trotz aller Intrigen. Lügen und Täuschungen anbahnte, fand ich weder glaubwürdig, noch romantisch. Weder konnte ich verstehen, warum der unterkühlte Maximilian aus heiterem Himmel und so schnell Gefühle für Isabella entwickelte, noch konnte ich nachvollziehen, warum sich Isabella auf seinen schönen Schein einlässt und dem "Tollpatsch" am Ende verzeiht. "Ein Herz voll Leben" hatte das Potenzial für eine anrührende Geschichte über Tod, Trauer, das Abarbeiten einer Bucketlist, Sorgen um die berufliche Existenz, über die Verantwortung für eine (Halb-)waise und einen Neubeginn. Durch die konstruierte Räuberpistole um Maximilian und seinen manipulativen Onkel verliert die Erzählung jedoch ihre Ernsthaftigkeit und all die schwierigen Themen bleiben dabei nur oberflächlich. Die Liebesgeschichte weckte keinerlei Gefühle und Isabellas fieser Gegenspieler wirkte seifenopernartig lächerlich. Zu keinem Zeitpunkt entstand die Sorge, dass Isabellas kleiner Cupcake-Laden nachhaltig in seiner Existenz bedroht würde. Positiv sind jedoch die Botschaften, die der Roman vermittelt: dass auf gute Freundinnen in der Not Verlass ist und dass ein geliebter Mensch durch Erinnerungen an ihn lebendig bleibt und im Herzen der Hinterbliebenen weiterlebt. Der bonbonfarbene Cupcake-Shop am Meer ist zudem ein süßes Setting, auch wenn die Heimeligkeit, die er vermitteln sollte, etwas zu kurz kam.