nina 🌸
Spannende Thematik mit schwächelnder Umsetzung. Zur Geschichte: Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut, da ich die Thematik unheimlich spannend finde, insbesondere da es hier nicht wie so oft um Stiefgeschwister sondern um Blutsverwandte geht, die auch noch zusammen aufgewachsen sind. Geschwisterliebe ist definitiv mein guilty pleasure. Ich finde die Thematik so faszinierend, da sie Grenzen überschreitet und einen dazu bringt, die eigenen Moralvorstellungen zu überdenken und zu hinterfragen. Es ist gleichermaßen interessant und beklemmend, aber vor allem sehr emotional - zumindest wenn die Umsetzung gut geglückt ist. Von meiner heiß ersehnten Verbotenen Liebe ist hier nämlich noch nicht viel zu spüren, das kommt wahrscheinlich erst im zweiten Band der Dilogie so richtig zum Tragen. Hier läuft die Geschichte erstmal langsam an, wodurch Romantik, Leidenschaft und Gefühl recht kurz kommen. Gerade die Emotionen haben mir persönlich hier schon sehr stark gefehlt. Ferner ist die Geschichte oftmals ziemlich langatmig, insbesondere zu Beginn des Buches, da nicht wirklich viel passiert bzw. viele irrelevante Dinge geschehen. Dadurch hat sich das Buch in der guten ersten Hälfte ziemlich gezogen und nur wenig bis keine Spannung aufgebaut. Generell hat dieses Buch sehr viele Nebenhandlungen und beschäftigt sich für meinen Geschmack mit zu vielen Themen auf einmal, welchen es infolgedessen an Tiefe und Raum zu ihrer Entfaltung gefehlt hat. Davon bin ich einfach kein Fan, da hierbei viel zu viel Potenzial verschenkt wird. Zudem hätten meines Erachtens einige dieser Themen eine Triggerwarnung gebraucht, da sie sich aus dem Klappentext heraus nicht erschließen lassen und teilweise doch recht brisant und sensibel sind. Viele Szenen wirkten auf mich unnatürlich und gestellt, die Dialoge waren partiell hölzern und erschienen mir konstruiert. Insgesamt gab es mir hier zu viele unrealistische Handlungsstränge, die niemand gebraucht hätte und die der Geschichte nichts Gutes getan haben. Sie wirkte dadurch oft etwas diffus, unstrukturiert und unglaubwürdig. So Vieles war für mich einfach überhaupt nicht nachvollziehbar und schlüssig. Am meisten gestört hat mich aber wirklich die mangelnde Emotionalität innerhalb der Geschichte. Sie war nicht annähernd so intensiv, ergreifend und zermürbend wie ich es mir erhofft hatte und wie es meiner Meinung nach bei dieser Thematik auch der Fall sein sollte. Ich finde es toll und mutig von der Autorin, ein derartiges Tabuthema anzusprechen, zumal ich bisher erst ein einziges Buch darüber gelesen hatte ("Forbidden" von Tabitha Suzuma), aber die Umsetzung konnte mich leider einfach nicht überzeugen. Das Potenzial der Grundidee wurde in meinen Augen nicht voll ausgeschöpft. Ich hätte die Geschichte gerne mehr gefühlt, hätte sie mehr fühlen müssen! Gegen Ende passiert alles Knall auf Fall und die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen. Schließlich endet das Buch mit einem fiesen Cliffhanger, der neugierig auf die Fortsetzung macht. Den Schwung und die Spannung der letzten paar Seiten hätte ich mir für das ganze Buch gewünscht, aber besser spät als nie. Ich bin gespannt, wie die Autorin die Fortsetzung gestalten wird und hoffe, dass sie dabei mehr aus ihrer grandiosen Idee herausholt. Zu den Charakteren: Die Geschichte wird mit wechselnder Innensicht in der dritten Person Singular erzählt, wobei wir in Jenna's und Joe's Gedanken und Gefühle definitiv die meisten Einblicke erhalten. Die Protagonist:innen blieben für mich das ganze Buch über blass und eindimensional. Sie sind naiv und kindisch und wirkten auf mich oft hölzern und unecht. Ihre Gefühle waren für mich ebenfalls nur bedingt greifbar, da ich mich den Charakteren einfach nicht nahe gefühlt habe. Ich habe nicht mit Jenna und Joe mitgefühlt und mitgelitten, sowohl ihre Gefühle als auch sie selbst blieben mir weitestgehend fremd, was sicherlich zu großen Teilen an der eher kühlen, Distanz schaffenden Erzählperspektive lag. Die Ich-Perspektive wäre hier in meinen Augen deutlich passender und wirkungsvoller gewesen. Jenna hat mich mit ihrem Verhalten oft genervt. Ich fand es unfassbar, was sie sich alles gefallen lässt, obwohl sie weiß, wie falsch es ist. Das hat mich tatsächlich auch am meisten an ihr gestört: Sie hat Einsicht und ändert trotzdem nichts. Wieso?! In Joe konnte ich mich tendenziell zwar besser hineinversetzen als in Jenna, aber sein Gefühlswandel warf trotzdem ein Fragen in mir auf. Ich finde es gut und authentisch, dass er seinen Gefühlen erst nach und nach auf die Schliche kommt und sich alles langsam und vorsichtig entwickelt, aber was genau hat ihn so urplötzlich zum Umdenken bewogen? Ich habe den Schlüsselmoment vermisst, welcher hier leider nicht beschrieben und ausdifferenziert wird und das, obwohl er doch so tragend für die gesamte Handlung des Buches wäre. Die Protagonist:innen, ihr Denken, Fühlen und Handeln war für mich einfach von vorne bis hinten nicht greifbar, was mich nicht nur traurig gemacht sondern sich natürlich auch negativ auf meinen gesamten Leseeindruck ausgewirkt hat. Julia und Jack mochte ich dafür umso lieber. Sie erschienen mir wesentlich vielschichtiger und lebensechter als die beiden Protagonist:innen. Sie haben Charakter und Persönlichkeit. Zum Schreibstil: Ich weiß nicht, ob es am zähen Einstieg der Geschichte lag, aber ich musste mich erst einmal warm lesen. Dann hat sich das Buch für mich allerdings leicht und flüssig lesen lassen. Klara Robert schreibt einnehmend gespickt mit einer Prise Humor, aber leider nicht ganz so gefühlvoll und intensiv wie ich es mir für diese Geschichte und ihre Thematik gewünscht hätte. Fazit: Ich bin immer noch traurig, da mich dieses Buch nicht so sehr überzeugen und berühren konnte wie ich es mir gewünscht habe, hoffe aber im gleichen Zuge, dass die Autorin noch mehr aus der Fortsetzung herausholen wird als sie es hier getan hat. Die Geschichte hat so viel Potenzial! Insbesondere auf emotionaler Ebene und hinsichtlich der Charaktertiefe erhoffe ich mir vom zweiten Band eine deutliche Steigerung. Ich hoffe auf mehr Gefühl, Romantik und Leidenschaft. 2,5/ 5 Sterne ⭐️