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phantastische_fluchten

Posted on 26.7.2021

Die Welt Brindirion wird von den Nordmännern überrannt, die sich mit den wilden Kroms verbündet haben und eine Grafschaft nach der anderen erobern. Die letzte Bastion, die Grafschaft Benedo, fällt und die komplette Grafenfamilie wird ermordet. Nur die Tochter kann fliehen, sie verliert jedoch ihr Gedächtnis und kann sich weder an ihr Leben noch an die grausigen Ereignisse des Überfalls erinnern. Der Waldläufer Falo findet die junge Frau und möchte sie nach Dun Fion begleiten, nicht ahnend, wie viele Feinde hinter der Grafentochter her sind. Roman, ein junger Bauerssohn ist ebenfalls auf dem Weg in die Stadt. Als das Heer der Nordmänner immer weiter ins Landesinnere von Brindiron vorrückt, schicken seine Eltern ihn fort, damit er seinen eigenen Weg findet. Vor dem Abschied eröffnen sie dem jungen Mann, dass sie nicht seine leiblichen Eltern sind. Naiv, unbekümmert aber auch ein wenig ängstlich begibt sich Roman auf den weiten Weg, der ihm viele neue Erkenntnisse über sich selbst bringen wird. Er schließt sich dem Flüchtlingsstrom an, der sich auf die Stadt zubewegt, einer unter Tausenden, die nicht wissen, was auf sie zukommt und wie sie überleben sollen. Und noch ein Mensch ist in den weiten Landen unterwegs. Bantor, ein Spion aus dem Norden, schließt sich den Grenzern an, um kriegstaktische Informationen an die Nordmänner weiterzuleiten. Kommentar: Bevor ich auf die eigentliche Geschichte eingehe, möchte ich einen kleinen Kritikpunkt loswerden, der nichts mit dem Inhalt des Buches zu tun hat, sondern lediglich mit der Form. Ich bin schon ein älteres Semester und für mich ist es keine Option, während des Lesens den PC anzuschalten, um mir Informationen zu der Geschichte von der Website des Autors zu holen. Eine Karte und ein Personenregister gehören für mich in ein Buch zumal die Karte wirklich hervorragend ist und die ganze Geschichte perfekt abrundet. Wie gesagt, das mag an meinem Alter liegen, junge Menschen gehen mit den neuen Medien wesentlich lockerer um, für sie gehören sie zum Alltag, ich möchte so etwas im Buch. Nun aber zu der Handlung, die mich überzeugen konnte und gefangen nahm. Ich suche mir oft bei solchen epochalen Geschichten einen Lieblingscharakter heraus. Hier scheint es auf den ersten Blick Roman zu werden aber am Ende hat mich Bantor voll und ganz überzeugt. Eine sehr ambivalente Figur, ein Einzelgänger, nur darauf gedrillt, in Feindesland zu überleben. Die Ausbildung, die schon jungen Jahren beginn, ist streng und grausam, nicht jeder übersteht sie. Er lernt alles über die Sitten und Gebräuche Brindirions, über das politische Leben und die sozialen Verflechtungen. Es fällt ihm leicht, sich bei den Grenzern einzuschleusen doch womit er nicht gerechnet hat, ist die Kameradschaft dieser harten Truppe, wo das Leben eines jeden von dem anderen abhängt. Der Zwiespalt Bantors hat mich sehr stark berührt und mitgenommen. Und obwohl auch Roman viel erlebt und eine Wandlung durchmacht, war es Bantor, der mich am ehesten überzeugt hat. Natürlich fehlt es in dieser Geschichte auch nicht an Humor. Dieser erscheint in der Person des Charles zu Oven-Velorin, eines verarmten Landadeligen, Lebemannes und Charmeurs, der als Köder für eine Erpresserbande dienen soll. Roman, der mittlerweile bei der Stadtwache Dun Fions dient, wird dem selbstverliebten Adeligen als Diener zugeteilt, gleichzeitig soll er ein Auge auf ihn und das Budget haben. Keine leichte Aufgabe für das Landei, das keine Ahnung von den Launen der Reichen und Adeligen und dem politischen Parkett hat. Auch die Zwerge, die Falo und Shintra, wie sich die Tochter des Grafen nennt, vor einem Überfall retten, trage viel zum Humor dieser Geschichte bei. Sie sind direkt und tragen ihr Herz auf der Zunge, sicherlich nicht immer diplomatisch aber für Diplomatie haben sie auch keinen Sinn. Der Autor wechselt die Szenarien immer wieder und erhöht damit die Spannung ungemein. Zu den Hauptcharakteren gesellen sich noch einige Nebencharaktere, die mir ebenfalls sehr gut gefallen haben. Zum einen sind da Parlos und Hergrot von der Stadtwache, Hirn und Muskeln bilden ein unschlagbares Team, die Roman bei seinem Einsatz unterstützen. Elvana, eine Bardin aus dem Volk der Elbarien, ihre Bedeutung für die Geschichte wird in Band eins noch nicht ganz ersichtlich. Aber ihre Schönheit und ihr selbstbewusstes Auftreten bringt die männlichen Vertreter aller Rassen zum sabbern und entzündet in den Herzen aller weiblichen Geschöpfe Neid und Eifersucht. Und dann sind da natürlich noch die Zwerge, die von Galaptinin angeführt werden, eines Zwerges, der sein Herz stets auf der Zunge trägt, die er gerne mit einem Schluck zwergischen Bieres befeuchtet. Jan –Patrick Wiezorek verfügt über eine sehr bildhafte Sprache. Ein Zitat von Seite 666: »..denn der Kiefer hing dem armen Kerl ausgerenkt und und schlaff seitlich herab und die Zähne fielen heraus wie die Würfel eines Falschspielers aus dem Knobelbecher.« Ein weiteres Zitat von Seite 587, ein Rückblick Bantors auf seine Ausbildung zum Spion, die verdeutlicht, dass Krieg und Kampf nie so heroisch sind wie in den Heldenliedern. »Blut, Kotze, Scheiße. Das ist der Kampf, Junge. Keine trotzigen Fahnen im Winde, keine schmetternden Hörner und edle Taten, Junge. Blut, Kotze und Scheiße und die Gewissheit, dass die falschen sterben." Das Schicksal der Flüchtlinge beschreibt er in sehr eindringlichen Worten, die Armut, das Elend und die Ausbeutung deren, die alles verloren haben, die Unfähigkeit der Stadtwache, Hilfe zu leisten und die Dekadenz und Ignoranz des Adels, der diese Not ignoriert. Ich finde, das kann man kaum besser beschreiben. Immer, wenn ein Szenario zu bedrückend wird, folgen auch wieder heitere Momente und diese Abwechslung macht diese Erzählung so besonders. Erst zum Ende hin erfährt der Leser die Bedeutung des Wortes »Inrimi«, lasst euch überraschen. Das Cover des Buches springt zwar ins Auge aber ich konnte keinen Bezug zu der Geschichte herstellen, nur auf Grund des Covers würde ich dem Buch keinen zweiten Blick schenken, zum Glück konnte mich der Autor überzeugen das Buch zu lesen, mir wäre sonst eine spannende, gut strukturierte und überzeugende Geschichte entgangen. Aber, wie zu Beginn gesagt, fehlen mir hier Karten und Glossar, um das Bild vollständig abzurunden.

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